Die Dortmunder Groove Thrasher Treibstoff wollen endlich ihr Debüt realisieren, allerdings haben sie aktuell keinen Drummer. Um aus den Not eine Tugend zu machen, luden sie zum Drum-Rehearsal in den Proberaum ein, und da sich zahlreiche Drummerinnen und Drummer auf die Anzeige hin gemeldet haben, wurde einfach schon vorab aussortiert. Schlussendlich sind nun sechs Talente anwesend, dabei hatten sich elf im Vorfeld angekündigt – fünf sind einfach nicht gekommen und haben auch so keine Nachricht hinterlassen, was nicht gerade die feine Art ist.
Egal, ausgelobt wurden jedenfalls von der Band 1500 Euro für elf Tracks, die nach dem Einüben dann im Studio aufgenommen werden sollen. Eine Mitarbeit über die eigentliche Studioarbeit wird zwar gerne gesehen, allerdings ist sie nicht notwendiger Bestandteil des Deals. Vorab bekommen dann alle potenziell Interessierten die beiden Tracks „Der Mensch, das Tier“ und „Flüchtling“ zur Verfügung, wovon sie sich dann einen zum Vorspielen aussuchen können, wobei die Band die Songs mit programmierten Drums gefüttert hatte. Allerdings dürfen die StickschwingerInnen gerne auch frei interpretierbar ihre Arbeit umsetzen und den Song auf ihre Art und Weise eine eigene Note aufdrücken.
Treibstoff selbst sind nun schon seit 2009 aktiv und haben ein Jahr später mit ihrer 4-Track-EP „Wer wir sind“ debütiert – Groove Thrash mit einer starken Pantera-Schlagseite, laut Frontmann Flo seien aber auch Crowbar & Co. immer wieder zu verspüren. Im Dezember 2012 legten sie mit „Augen der Sonne“ eine weitere EP nach, dieses Mal mit sechs Tracks angefüllt. 2013 soll dann also endlich das Jahr des Full-Length-Debüts werden, weswegen die heutige Audition anberaumt wurde.
Sechs KandidatInnen, sechs unterschiedliche Herangehensweisen, und doch haben alle ein gemeinsames Ziel. Besonders positiv ist zu vermerken, dass sie alle trotz des Bewerbungscharakters und der Konkurrenzsituation fair miteinander umgegangen sind. Gut, hier kann man durchaus einwerfen, wer denn Treibstoff sei, hier würden ja nicht die Megaseller X oder die Livemonster Y zum Vorspielen einladen, aber die Idee, der Spirit hinter dem Ganzen ist doch überall gleich. Heuer sitzen sie bei Bierchen und Grillfleisch zusammen und tauschen diverse Anekdoten aus Schlagzeugersicht aus. Da wird über die letzte Tour genauso berichtet wie diverse andere Erfahrungen, die aber allesamt hier nichts zu suchen haben. Viel interessanter sind da eher die Motivationen, da es hier anscheinend nicht nur um den schnöden Euro geht, sondern sich durchaus auch weitergehendes Interesse auftut bis hin zu der Tatsache, dass schon lange gestandene Schlagzeuger immer wieder die Herausforderungen eines solchen Vorspielens suchen, da der fokussierte Stress nicht mit Liveauftritten vergleichbar sei.
Die Bedingungen heute sind aber für alle gleich: Ein leicht schief stehendes, den baulichen Gegebenheiten des Bunkers geschuldetes Drumkit, den Track über Kopfhörer, dazu bunte Beleuchtung einer Show nachempfunden und so ganz nebenbei werden auch alle zur Auswertung auf Video aufgenommen. Nach einer kleinen Vorstellrunde in Kurzinterviewform dürfen die Probanden dann ihre ausgewählten Song einer drei Mann starken Jury vorspielen und bekommen unmittelbar danach auch ein Feedback – das Motto der Castingshows lässt grüßen.
Den Auftakt heute macht Jonas aus Mülheim, der nun seit gut sieben Jahren Schlagzeug spielt und schon die Felle bei Reggae- und Metalsounds auf Rhythmik trimmte. Die meisten Erfahrungen konnte er bei den Mülheimern Angerer sammeln, die sich lokal einen Ruf erspielen konnten, aber nicht über die Stadtgrenzen hinaus kamen. Da er einfach Bock auf ein Metalprojekt habe, meldete er sich kurzerhand für „Der Mensch, das Tier“ an. Live würde er wohl auch zur Verfügung stehen, das nächstes Jahr beginnende Musikstudium dürfte da kein großes Hindernis darstellen.
Etwas mehr Erfahrung kann dagegen Bodo in die Waagschale werfen, der bis 2009 die Drums bei Callejon versemmelte und in seinen mehr als zwanzig Jahren auf dem Drumhocker reichlich Tour- und Studioerfahrung sammelte. Anfang Oktober ist er dann mit Jaded Heart unterwegs und hilft dort aus. Neben zahlreichen Auftragsarbeiten von Hip Hop bis Metal sucht er immer nach neuen Herausforderungen und hat gleich die Drumspuren für „Der Mensch, das Tier“ komplett anders herausgearbeitet, um in einigen Parts der Gitarre mehr Raum zu lassen und das Schlagzeug zurückzunehmen, damit an anderer Stelle wieder mehr Dynamik aufkommt.
Der dritte Kandidat Hartmut entscheidet sich als einziger am heutigen Tag für den Track „Flüchtling“, doch leider hat er nicht so ganz seine Hausaufgaben gemacht, da er beruflich sehr stark eingespannt war und nur wenig Zeit für den Track erübrigen konnte. Positiv stimmt für seine Bewerbung, dass er mit Gloryful das aktuelle Album „The Warrior’s Code“ veröffentlichte und live mit ihnen sehr aktiv ist. Vorher hatte er schon zehn Jahre bei den Death Metallern Symbiontic für den Trommelwirbel gesorgt, zwei Jahre hockte er auch bei Deadsoil hinter der Kiste und ganz nebenbei half er auch bei Night In Gales aus. Hartmut legt die Karten auf den Tisch, dass ein Liveengagment wohl eher nicht in Frage käme, da er hier schon mit Gloryful mehr als ausgelastet sei.
Als nächstes kommt Jens an die Reihe, der mit seinen 27 Jahren das Schlagzeugspielen zum Beruf gemacht hat und schon für viele Aufnahmen zur Verfügung stand. Mehrere Jahre war er bei den Siegburgern Mindcrime aktiv und mit ihnen sogar mit Morgana Lefay on the road, sammelte aber auch Erfahrungen bei Death-Metal-Bands, die häufig über den lokalen Bekanntsheitsgrad nicht hinaus kamen. Seine Version von „Der Mensch, das Tier“ lehnte er stark an die Vorgaben der Band an, doch würde er Treibstoff nicht nur als Studioprojekt, sondern auch als Liveherausforderung ansehen.
Der 22 Jahre junge Felix hat trotz der wenigen Lenze schon einiges an Schwergewichten aufzufahren. Aktuell ist er bei Leaves’ Eyes hinter den Kesseln aktiv und hat auch das für den Herbst vorgesehene neue Album eingetrommelt, dazu ist er auch für die Soloalben von Liv Kristine aktiv. Vor kurzem war er auch für die Schlagzeugaufnahmen bei Korr zuständig, den Jungs von Orden Ogan half er bei einigen Liveshows aus. Darüber hinaus schlägt sein Trommlerherz auch für die Arnsberger We Are Divine. Als Berufsmusiker kann er es sich nicht leisten, draufzuzahlen, allerdings könnte er sich vorstellen, neben der Studioarbeit auch für Liveshows zur Verfügung zu stehen – sagt es und verschwindet, da er heute Abend noch bei einer Coverband mitzockt.
Mit Sophia meldete sich auch eine junge Frau an, die seit gut sieben Jahren Schlagzeug spielt, wobei sie nach den ersten Unterrichtsstunden schnell auf „autodidaktisch“ setzte. Auch sie kann schon mit reichlich Liveerfahrung aufwarten, versorgt sie doch ihre Vorderleute von Even If I Fall mit dem notwendigen Wumms zum Metalcore-Geriffe. Ganz offen gibt sie zu, dass sie bisher nur wenig Studioerfahrung hat sammeln dürfen, lässt aber auch durchblicken, dass sie sich nicht wegen der Kohle gemeldet habe, sondern auf der Suche nach neuen Möglichkeiten sei und sich auch auf Liveshows freuen würde.
Sechs SchlagzeugerInnen, sechs verschiedene Heransgehensweisen, sechs verschiedene Ergebnisse – die Band will sich jetzt nochmals in Ruhe alles durch den Kopf gehen lassen und in gut 14 Tagen eine Entscheidung treffen – wir von The-Pit.de bleiben am Ball.