Der Einstieg ist nicht neu, passiert sicher allein in Deutschland unzählige Male pro Jahr und entlockt einem „normal“ gestressten Menschen meist nur wenig mehr als ein Augenrollen: Mittvierzigerin, untreuer Mann, nervige Gören (die eigentlich als ganz nett beschrieben werden, aber Kinder und insbesondere Teenager sind ja wahre Tarnungskünstler und führen uns tagtäglich hinter’s Licht!), der Job bringt Geld, sonst aber nicht viel Befriedigung und eines Tages gehen die Lichter aus und man beziehungsweise in diesem Fall frau gammelt ausgebrannt zuhause rum und fragt sich, wo die Jugend geblieben ist und wann man das letzte Mal so etwas wie Begeisterung für die Arbeit empfunden hat. Neuland muss her, am Besten direkt eine komplette berufliche Neuorientierung.
So geschehen in Dagmar Feldmanns Ebook „Heavy Burnout – Ein musikalischer Härtefall“, in dem die Protagonistin Linda Kunze sich mit der heutzutage fast gängigen Diagnose Burn-Out aus einer Schweizer Versicherung auf’s heimische Sofa beurlaubt und sich erst allmählich wieder darauf besinnt, dass sie vor zig Jahren mal auf Heavy Metal stand und sich prompt online an einer Journalistenschule bewirbt. Dass man da mit dieser Art von Musik nicht viel reißen kann, ist klar, also wird ganz nebenbei auch noch der Metalblog heart4metal.com (ja, die Seite gibt es – einfach mal reinlesen!) aus dem Ärmel geschüttelt. So weit die Story, die sich auf 260 Seiten erstreckt und somit zumindest quantitativ schön übersichtlich gehalten wurde.
Manko Nummer eins: Den ganzen Spaß gibt’s nur als Ebook zu erwerben. Das mag durchaus zeitgemäß und auch spannend sein für Leute, die darauf stehen, ihre Bücher auf kleinen Bildschirmen zu lesen. Menschen wie ich, die gerne Bücher beim Lesen knicken, wenn es allzu spannend wird, die sich auch mal im Eifer des Gefechts am Papier schneiden und Menschen mit einem Ebook-Reader in öffentlichen Verkehrsmitteln aus dem Weg gehen, ist das freilich nichts. Man quält sich ein bisschen, machen die eigenen Augen doch beim längeren Lesen am Bildschirm eher schlapp als bei der papiernen Lektüre. Blättern statt scrollen – das wäre was gewesen!
Manko Nummer zwei: In die eigentlich recht angenehm geschriebene, „garantiert nicht wahre“ Geschichte hat Frau Feldmann immer wieder ihre Rezensionen, Interviews und Konzertberichte eingestreut, die sie im Verlauf der Erzählung für ihren Blog schreibt. Das mag an sich ganz interessant sein, stört den Lesefluss aber ungemein und wirkt eher wie wenig subtile Schleichwerbung und weniger wie ein notwendiger Teil der Story. Ganz witzig ist dann aber ein eingestreuter Chat-Dialog, den die Dame mit Metalfans führt, um ihre Seite ein wenig anzupreisen und sich in den einschlägigen Foren bekannt zu machen – da sieht man erstmal, was für Mist eigentlich (Musik-)Fans von sich geben können und wie wenig manche Leute mit Kritik umzugehen wissen. Der kurze Auszug ist definitiv einen (wenn auch leicht verzweifelten) Lacher wert!!!
Sympathischer als die dauernden Ausflüge in Familien- und Freundesprobleme kommt dann schon das offen gehaltene Ende der Lektüre rüber – worüber ich aber natürlich nichts verraten will. Wäre ja noch schöner.
Insgesamt erwartet man von „Heavy Burnout“ mehr Musik, mehr Metal, und vor allem weniger Familiengeplänkel. Es mutet zwar romantisch an, wenn die Protagonistin gegen Ende alleine mit ihrem Sohn im Auto Schweden und Finnland bereist, die Musik als solche ist aber immer nur hier und da eingeflochten, einen richtigen roten Faden gibt es da nicht. Gut geschrieben ist das Buch allemal, nur richtig befriedigt ist man am Ende nicht.