Was wurde diese Band trotz ihrer noch so jungen Karriere nicht bereits mit Lob überschüttet! Die „Come, Reap“-EP schlug ein wie eine Bombe, nachdem schon das erste Demo im Underground sehr gut ankam, obwohl sich die Holländer eigentlich hauptsächlich auf alten Classic- und Psychedelic Rock beziehen und oberflächlich betrachtet nichts wirklich Neues zu bieten haben.
Doch gerade mit dem Wiederauflebenlassen der Musik der Sechziger und Siebziger bringen The Devil’s Blood frischen Wind in die Szene, scheinen exakt das zu sein, wonach viele Fans zwischen immer moderneren Crunch-Sounds und seelenlosem Core-Gerumpel händeringend gesucht haben; zumal die Truppe um Mastermind Selim Lemouchi dank eines untrüglichen Gespürs für fabelhaftes Songwriting und aufwendige Arrangements und durch nicht zu überbietende Spielfreude niemals angestaubt klingt, sondern zeitlos – genauso zeitlos wie die großen Bands der Sechziger und Siebziger.
Aber konnten The Devil’s Blood dem Druck tatsächlich standhalten, der sich nach den euphorischen Reaktionen auf „Come, Reap“ auf ihre Schultern gelegt hat? – Zugegeben, auch ich war etwas skeptisch oder gar ängstlich, doch die Band hat sich nicht nur achtbar aus der Affäre gezogen, sondern mal eben das Album des Jahres 2009, wenn nicht sogar das beste Album seit Jahren abgeliefert. Das Songwriting ist erneut phantastisch, die Spielfreude stets spürbar, Faridas meist mehrstimmiger Gesang sowohl kraftvoll als auch ergreifend.
Das Beste aber ist, dass sich The Devil’s Blood trotzdem hörbar weiterentwickelt haben. Die Songs klingen noch vielschichtiger als auf „Come, Reap“ und sind noch komplexer arrangiert. Überall warten kleine Details darauf, entdeckt zu werden, die, wenn der Hörer denn auf sie stößt, nur noch einmal unterstreichen, mit welch unglaublicher Musikalität die Bandmitglieder gesegnet sind. Gerade die Gitarrenparts sind teilweise nicht von dieser Welt (wer das hört, wird auch verstehen, warum die Gruppe live mit drei Gitarristen agiert) und sorgen für jede Menge Gänsehaut, aber trotz der vielen Spuren hat man nicht das Gefühl, das Songmaterial wirke überladen.
Das Intro des Albums, „The Time Of No Time“, beginnt mit der gleichen Gitarrenpassage, mit der „Voodoo Dust“, der letzte Track von „Come, Reap“, ausklang, um dann furios in den eigentlichen Opener „Evermore“ überzugehen, der sogleich mit mitreißendem Riffing und einem eingängigen Chorus aufwartet. Unfassbar, was sich hier in nur drei Minuten und zehn Sekunden abspielt – von überall her scheinen die Gitarren zu kommen und vom ersten Ton an ist die Magie dieser Band sofort spürbar. Kopfhörersessions seien daher schon an dieser Stelle wärmstens empfohlen, um die Details besser kennenlernen zu können.
„I’ll Be Your Ghost“ schlägt dann in eine gänzlich andere Kerbe: Hier wird eher gegroovt und die Melodien wirken im Gegensatz zur Erhabenheit von „Evermore“ teilweise fast fröhlich. Der Song stellt die erste Single dar und ist sicher nicht so stark wie sein direkter Vorgänger, weiß aber mit den Hendrix-ähnlichen Gitarren definitiv ebenfalls zu überzeugen.
In jedem Fall stellt die Band bereits mit diesen zwei völlig unterschiedlichen Nummern ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis, was sich im weiteren Verlauf der Scheibe nur bestätigen soll. Mal wird einfach nur straight gerockt, wie bei „Christ Or Cocaine“, das vielen noch vom Demo beziehungsweise der MySpace-Seite der Niederländer bekannt sein dürfte und das zeigt, wie effektiv man auch mit simpler strukturiertem Material sein kann, oder beim unwiderstehlichen „Queen Of My Burning Heart“, welches mit grooviger Akustikklampfe und Led Zeppelin-mäßigen Leads ausgestattet ist und einen sofort mindestens mitwippen lässt. Dann wieder gibt es sehr psychedelisch geprägte Nummern wie das mit schaurig-schönen Melodien und einem mystischen Touch versehene „House Of 10000 Voices“ oder „Feeding The Fire With Tears And Blood“, das ein formidables Main-Riff bietet und im düsteren Chorus geradezu die Atmosphäre einer okkulten Messe verbreitet, was dem Charakter der Band natürlich sehr gut entspricht. Und mit dem sehr gefühlvollen „Angel’s Prayer“ beweisen Selim und Co. außerdem noch, was für herrliche Balladen sie schreiben können – kitschige Schmonzetten fabrizieren andere, hier ist nur Gänsehaut angesagt.
Auf Weltklasse-Niveau jedoch agiert man vor allem bei den mit unglaublich genialem Riffing ausgestatteten beiden Stücken „The Yonder Beckons“ und „The Anti-Kosmik Magick“. Auch letzteres mit seinen supereingängigen, Maiden-artigen Harmonics ist in gekürzter Form bereits vom Demo bekannt, auf „The Time Of No Time Evermore“ kommt man nun endlich in den Genuss der vollen Version und darf sich über überirdische Gitarrensoli freuen, die einen einfach nur sprachlos zurücklassen.
Das Fazit fällt eindeutig aus: The Devil’s Blood haben die Erwartungen nicht nur erfüllt, sie haben sie übertroffen. Das Songmaterial ist durch die Bank erste Sahne und die Detailverliebtheit zeugt vom Herzblut, das in diesem Album steckt. Die Band punktet mit den einzigartigen Melodien, den unfassbaren, aufwendigen Arrangements, die jeden Gitarristen mit der Zunge schnalzen lassen, der Spielfreude und dem grandiosen Gesang. Sie hat sich bereits jetzt weiterentwickelt und ist trotzdem stets herauszuhören. Doch genau das ist es ja, was eine große Band auszeichnet – und The Devil’s Blood können ganz groß werden.