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Spock's Beard: Noise Floor

Hat wieder mehr offensichtliche Hooks als der Vorgänger
Wertung: 9/10
Genre: Progressive Rock
Spielzeit: 69:30 (52:13/17:17)
Release: 25.05.2018
Label: InsideOut

Wie das Leben manchmal so spielt: Nachdem Schlagzeuger Jimmy Keegan erst 2011 aufgrund des Ausstiegs von Nick D’Virgilio zum vollen Mitglied bei Spock's Beard befördert wurde, packte er fünf Jahre später schon wieder seine Koffer, um sich auf seine Solokarriere zu konzentrieren. Das kann man als undankbar ansehen, denn bei allem Respekt für das zweifellos vorhandene Können Keegans ist das schon etwas fragwürdig. Wenn dann allerdings sein Vorgänger in die Bresche springt (beim Cirque Du Soleil trommelt D’Virgilio mittlerweile nicht mehr, sodass sein Terminplan anscheinend wieder etwas entspannter aussieht), löst das bei allen Bärte-Supportern natürlich eine große Erwartungshaltung aus. 

Und so herrschte bereits im Vorfeld der Veröffentlichung von „Noise Floor“ in Prog-Kreisen eine Wahnsinns-Euphorie rund um dieses Album – wobei gesagt sei, dass NDV (noch) nicht wieder als offizielles Bandmitglied aufgeführt wird und auch keinen Beitrag zum Songwriting leistete. Dennoch ein starkes Zeichen und mal sehen, ob der kleine Tausendsassa die Truppe auch auf der nächsten Tour unterstützt – noch sind keine Termine bekannt.

Der erste vorab veröffentlichte Song der mittlerweile bereits 13. Studiolangrille der Amerikaner, „To Breathe Another Day“, machte auf jeden Fall einen mehr als soliden Eindruck und kam bei der Anhängerschaft gut an. Gerade der treibende Chorus zeigt einmal mehr das Händchen der Band für eingängige Melodien, während das billige Video, das die Scherzkekse als „tollstes Video zum allerbesten Song“ bezeichneten, den selbstironischen Humor untermauerte – alles recht typisch für Spock's Beard und ein Auftakt, der definitiv Lust auf mehr macht.

Mit „The Oblivion Particle“ waren ja nicht alle Fans so richtig glücklich, war die Scheibe doch etwas sperrig und bot insgesamt sicherlich auch nicht die ganz großen Hooks, die man sonst von der Formation gewohnt ist, auch wenn sich nach und nach schon einige kleine Highlights herauskristallisierten. Auf „Noise Floor“ jedoch wird wieder kompakter geproggt, große Melodien stehen hier klar im Vordergrund, ein Epos mit zweistelliger Minutenlänge ist dieses Mal nicht vorhanden.

So besticht auch „What Becomes Of Me“ durch eine geschmeidige, elegante Tonfolge im Refrain – der schwebende, melancholische „And maybe fly…“-Part betört regelrecht, hübsch aufgepeppt durch ein paar Streicher, dies wurde auch beim sich dennoch ganz anders darstellenden „This Is Life“ vorgenommen. Der Beatles- und Pink Floyd-Vibe ist hier unüberhörbar, dem Stück wohnt (auch dank der Slide-Gitarre) eine ungemein relaxte Atmosphäre inne und die Mehrstimmigkeit im schnörkeligen Refrain zaubert einem automatisch ein Lächeln ins Gesicht.

Doch nur weil Spock's Beard diesmal wieder mehr auf die Wirkung von Melodien setzen, heißt das bei diesen exzellenten Musikern natürlich nicht, dass sie keinen Bock mehr auf frickelige Achterbahnfahrten hätten. „Somebody’s Home“ jedenfalls, der zweite vorab ausgekoppelte Song, punktet insbesondere durch sein liebevoll verschachteltes Arrangement inklusive Akustikgitarreneinschub und das Englischhorn versprüht eine wehmütige Note.

Auch „One So Wise“ kommt mit deutlich mehr Prog-Elementen daher und bietet die für die Gruppe ebenfalls recht typischen Mellotron-Teppiche, „Have We All Gone Crazy“ wiederum trägt epische Züge, vor allem durch sein charakteristisches Bombast-Finale. Ob inhaltlich hier die gesamtpolitische Lage der Welt gemeint ist, wird im Text nicht näher erläutert, eine naheliegende Interpretationsmöglichkeit ist dies aber allemal.

Beim abgefahrenen Instrumental „Box Of Spiders“ hingegen scheint der Titel tatsächlich Programm und angesichts seines kauzigen Charakters überrascht es nicht, dass es aus der Feder des verrückten Keyboard-Wizards Ryo Okumoto stammt. „Beginnings“ als Schlusspunkt des regulären Albums setzt noch einmal auf einen Breitband-Chorus von atemberaubender Schönheit und Tiefe, doch auch hier wird noch einmal nach allen Regeln der Kunst geproggt – bei jenem Part erstarrt man einmal mehr in Ehrfurcht bei den unfassbaren handwerklichen Fähigkeiten der Protagonisten. Außerdem ist vor allem in der zweiten Strophe deutlich Nick D’Virgilio zu hören, der hier die kanonartig versetzte zweite Stimme übernommen hat. Am Leadgesang ist auf der Platte dennoch durchgängig Ted Leonard zu hören, der auch diesmal wieder eine tadellose Leistung bringt.

Doch es gibt ja noch eine zweite CD, die erfreulicherweise sogar in der Promoversion mit dabei war, was bei Bonusmaterial keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist. Allerdings sind die Stücke auch viel zu stark, um sie in einer Besprechung unter den Tisch fallen zu lassen – der Begriff „Outtakes“ ist eigentlich ein Witz. „Days We’ll Remember“ ist ein herrlich schwelgerischer Ohrwurm mit sonnigem Refrain, auch „Bulletproof“ besitzt einen Chorus, der seinesgleichen sucht und gar nicht mehr aus dem Kopf heraus will.

„Vault“ – geschrieben von Ted Leonard – hat dann den nächsten Bomben-Refrain zu bieten; das göttliche mehrstimmige Gesangsarrangement macht Spaß und lässt einen vor der heimischen Anlage nahezu niederknien. In Form von „Armageddon Nervous“ liegt als letzte Nummer noch ein weiteres Instrumental vor, bei dem der Titel erneut musikalisch passend umgesetzt wurde und bei dem vor allem Dave Meros’ Bass nach Herzenslust groovt.

Zusammengefasst: Spock's Beard können die hohe Erwartungshaltung erfüllen – wenn schon allein bei der Bonus-CD alle Tracks richtig stark zu nennen sind, kann wohl kaum etwas falsch gemacht worden sein. Die Entscheidung, wieder mehr auf Melodien zu setzen, war offenbar goldrichtig; diese Band hat nun schon so viele Veröffentlichungen auf den Markt geschmissen, doch auch nach über zwanzig Jahren schaffen sie es noch problemlos, sich grandiose Hooklines aus dem Ärmel zu schütteln – Respekt!

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