Auch wenn sich Scanner in den letzten Jahren nicht gerade als große Konstante im Musikbiz herausgestellt haben, auch wenn das Gelsenkirchener Power-Speed-Quintett geschlagene 13 Jahre benötigte, um endlich mit dem sechsten Longplayer aus den Kohlenpuschen zu kommen, so bleibt unterm Strich schon nach den ersten Durchgängen haften: Das Warten hat sich gelohnt. Scanner melden sich eindrucksvoll zurück und wirken dabei so frisch, als wenn sie noch nie von der Bildfläche verschwunden gewesen wären.
Das Intro mit dem bisschen Keyboard-Geklimper klemmen wir uns, denn was da ab „F.T.B.“ als Speedbrecher den Fan erwartet, ist ein teutonisches Riffgewitter par excellence und schließt somit gleich einmal die Lücke zum 88er-Debüt „Hypertrace“ – hier wird wieder deutscher Edelstahl geschwitzt und nicht wie Ende der 80er mit Konfettikanonen kaschiert. Der erste Track macht dann auch schnell deutlich, wo denn wieder einmal mehr die Stärken der Pöttler zu finden sind: Riffgewaltige Prescher, durchschlagskräftige Refrains ohne jeglichen Zuckerguss, zeitlos und trotz moderner Produktion mit reichlich 80er Esprit.
Die andere Scanner-Seite mit einem etwas düstererem Gewand spiegelt sich in „Warlord“ wider, Frontmann Efthimios screamt sich teilweise in priestsche Ebenen vor, Krönung aber ist einmal mehr der sehr starke Refrain, der beim anschließenden „Eutopia“ durch den mehrstimmigen Gesang noch ein Stückchen gelungener das stampfende Metalschwergewicht abrundet. Gottlob bremsen die immer wieder eingestreuten Intros (Regen, Wind und Krähen bei „Nevermore“, Möwen und Meersrauschen bei „Battle Of Poseidon“ und Glockengeläut beim Titeltrack „The Judgement) das Album nicht aus, sind sie doch kurz genug gehalten.
Eine etwas mystischere Stimmung bauen sie bei „Nevermore“ auf, und während der Titeltrack eine erstklassige Midtempo-Walze darstellt, so lassen es die Gelsenkirchener in „The Race“ wieder deutlich schneller krachen, von „Known Better“ und „The Legionary“ eingerahmt, zwei mit leicht progressiven Elementen angereicherte Songs, wobei letzterer auch ein paar balladeske Ausflüge unternimmt und durch die zahlreichen Tempiwechsel sicherlich zum sperrigsten Titel mutiert.
Da bleibt als Fazit doch nur noch der Daumen nach oben übrig: Kurzweilige 55 Minuten, abwechslungsreich, in „Pirates“ nicht nur wegen dem nautischen Thema durchaus auch an alte Running Wild erinnernd, ansonsten aber ein bärenstarkes, riffgewaltiges Machwerk, welches gerade in den so wichtigen Refrains immer wieder mit hymnischen Charakter punkten kann und weichgespülten Käsemist außen vor lässt. Scanner sind zurück, und das auch noch richtig eindrucksvoll. Wenn sie das jetzt auch noch live bestätigen können und das Personalkarussell stabil bleibt, dann dürften endlich wieder erfolgreiche Jahre anstehen.