In diesem Review gibt es trotz des Bandnamens Misery Speaks eher wenig vom Elend zu berichten – denn das neue, inzwischen schon vierte Studio-Album der Münsteraner Melodic Death Metal-Kompanie ist in allen Disziplinen mehr als überzeugend. Nach dem Erfolg des letzten Albums „Catalogue Of Carnage“ wurde der Vertrag mit Drakkar um ein weiteres Album ergänzt. Zwar ist man nach dem Wechsel des Sängers immer skeptisch, aber der neu hinzu gestoßene Przemek ist mehr als ein würdiger Nachfolger: Die Stimme klingt voluminöser, mehr grollend als schreiend, etwas tiefer, dafür weniger überspannt, insgesamt sehr angenehm anzuhören.
„Out Of The Unknown“ scheint ein gelungener Titel für das Intro der CD zu sein, denn aller Wahrscheinlichkeit nach wird man sich nun auch in der internationalen Liga einen Namen machen, immerhin ist der Sound fetter und druckvoller als je zuvor. Aufgenommen in den schwedischen Black Lounge Studios mit Produzent Jonas Kjellgren verspricht die Scheibe einen glasklaren und wütenden Sound: Wuchtige Riffs von Florian und Stephan dröhnen unaufhörlich auf den Hörer ein und Drummer Janosch verleiht den Songs viel Groove, sodass man bei Stücken wie „Burning Path“ an gute alte Death Metal-Hits erinnert wird. Etwas ruhiger ist der Anfang des Songs „A Road Less Travelled“ gestaltet, dezente Gitarrenklänge steigern die Spannung, die sich nach knapp einer Minute in schweren Riffs, Doublebassattacken und wütendem Grollen entlädt. Im Refrain bestechen vor allem die absolut genialen, mit verschiedenen Effekten veredelten Gitarren, die dem Song in Kombination mit Gesang und dem Basslauf Martins eine enorm fette Tiefe verleihen.
Im Vergleich zu den Vorgänger-Alben sind die neuen Songs zum einen atmosphärischer, wie beispielsweise das mit tiefen Gitarrenriffs unterlegte und sehr apokalyptisch wirkende Titelstück „Disciples Of Doom“, zum anderen grooven sie noch mehr. Besonders an diesem Song ist das Prinzip des Albums gut erkennbar – zwar geht er nicht so schnell ins Ohr wie noch der Ausnahmehit „A Road Less Travelled“, aber je öfter man ihn hört, desto besser klingt der Track. Mit jedem Hören bemerkt man neue, geschickt arrangierte Riffs, Begleitstimmen oder einfach nur neue raffinierte Kombinationen der verschiedenen Saiteninstrumente und der Schlagzeug-Sounds. Mit „Black Garden“ liefert die Band einen Doom-lastigen acht-Minuten-Song ab, der sich durch geniale Tempowechsel, und tragende Riffs gepaart mit andauernder Folter der Bassdrum auszeichnet, es ist sogar Zeit für ein Schlagzeugsolo, das man sonst leider viel zu oft vermisst. Aber auch die Gitarrenhelden lassen es sich nicht nehmen, zumindest bei „Fragile“ absolut wahnsinnige Solo-Passagen einzulegen, die jeden Oscar Dronjak vor Neid erblassen lassen würden.
Zugegeben, die Scheibe braucht den einen oder anderen Anlauf, bis sie endgültig zündet – aber dann gibt es kein Halten mehr, man sucht den Moshpit in seinem Zimmer und sieht aus dem Fenster, weil man dem tiefen Verlangen auf die Straße zu rennen und dort die Passanten in einen Pogo zu verwickeln, unbedingt nachgeben will. Einzig die großartigen atmosphärischen Momente der Scheibe sind es, die den Hörer dann doch noch genießend im Hause halten – ein absolut fettes Album, das sich bei voller Lautstärke in meiner Anlage drehen wird, bis dass das Ordnungsamt uns scheidet. Ich kann wirklich jedem Fan harten Metals nur raten, die drei Worte „Ja, ich will!“ zum Kauf dieses Albums zu sagen. Es lohnt sich.