Ministry werden ihre Fans nun nicht mehr lange erfreuen. „The last sucker“ soll das letzte Studioalbum werden, bevor sich die Industrial Legende endgültig zur Ruhe begibt oder wie Bandkopf Al Jourgensen es ausdrückt „zusammen mit George Bush in den Sonnenuntergang reitet“. Die Fans werden es mit einem lachenden und einem weinenden Auge vernehmen, denn Ministry zeigten sich auf ihren letzten zwei Alben deutlich erstarkt, was auch Jourgensens überstandenem Drogenentzug zuzuschreiben war. In Zukunft will er sich auf seine Tätigkeiten als Produzent beschränken, wofür er ja offensichtlich auch ein gutes Händchen hat. Für die nahe Zukunft hat sein Ministry Mitstreiter Tommy Victor übrigens ein neues Album seiner alten Band Prong in Aussicht gestellt. Darauf freue ich mich jetzt schon, aber das soll hier nicht das Thema sein.
Ohne viel Umschweife stürzen wir uns also direkt auf die Musik und die, soviel kann ich versprechen, ist wieder einmal vorzüglich gelungen. War der Vorgänger „Rio grande blood“ noch ein brutaler Nackenbrecher, der vielen fast schon zu brutal war, ist der Opener „Let's Go“ fast schon purer Rock'n Roll – natürlich im Ministry Gewand. Das nachfolgende „Watch Yourself“ ist eine geniale Mischung aus Samples, Keyboards und Gitarren geworden, also ein Song, wie ihn nur Ministry schreiben können. „Life Is Good“ haut danach in dieselbe Kerbe und lebt vor allem von den treibenden Drums.
Schon nach drei Songs fällt auf, dass „The Last Sucker“ leichter zugänglich als sein Vorgänger geworden ist. „The Dick Song“ straft diese Aussage zwar Lügen, aber Ihr wisst ja, was man über Ausnahmen sagt. Textlich behandelt der Song keinesfalls pornografische Themen, sondern ist eine Jourgensensche Widmung an US-Vize Dick Cheney. Die netten thrashigen Riffs retten den Song aber dennoch nicht vor dem Mittelmaß.
Der Titeltrack ist im Prinzip auch nicht großartig anders gestrickt, begeistert aber durch ein Grundriff, was so simpel genial ist, dass man es einfach nicht kritisieren kann. Dennoch oder gerade deswegen wirkt „The last sucker“ mit seinen 6 Minuten etwas in die Länge gezogen.
Und weiter geht die wilde Reise mit den Abrissbirnen „No Glory“ und „Death & Destruction“ (hier meldet sich auch mal wieder Bush jr. zu Wort). Und obwohl es wieder in Geschwindigkeitszonen des Vorgängeralbums geht, wird es dem Hörer nicht zu anstrengend. Ein großes Lob sei an dieser Stelle an die Produktion ausgesprochen, die dieses Kunststück vollbracht hat.
Einen kleinen Vorgeschmack auf ein eventuell noch erscheinendes Coveralbum gibt es auf „The Last Sucker“ auch zu hören. Ich bin beim besten Willen kein The Doors Fan, aber der „Roadhouse blues“ wird nicht immer ein Doublebass-Monster gewesen sein, oder?! Für Fans des Songs ist das wohl entweder ein interessante Neufassung oder ein Sakrileg. Ich persönlich finde die Version sehr stark.
Danach neigt sich die lange Ministry Geschichte langsam dem Ende zu, aber nicht um uns noch eines ihrer absoluten Highlights zu präsentieren. Burton C.Bell von Fear Factory übernimmt das Mikro und veredelt mit „Die In A Crash“ einen herrlichen Punk'n Roll Song. Ein sehr starkes Stück Musik, da verzeihe ich auch den überlangen, irgendwie nichts sagenden Zweiteiler „End of days“.
Fazit: Ministry wird es nicht mehr geben, das kann man nicht ändern. „The Last Sucker“ ist wieder einmal ein sehr starkes Album geworden, das will wohl niemand ändern. Eingängiger als seine Vorgänger, aber ohne die geliebten Trademarks vermissen zu lassen, hat Jourgensen hier vielleicht sein bestes Album zum Abschied abgeliefert, auch wenn z.B. „Psalm 69“ natürlich auf ewig den höheren Kultfaktor haben wird. Dennoch: Danke Ministry und viel Spaß mit George am Lagerfeuer!