Da kann der ganze Rest der Nation doch aufschreien, wie er mag: Der kreativste Teil der Hard’n’Heavy-Szene ist noch immer in NRW zu Hause. Ein Beweis mehr für diese These liefern die Velberter – obwohl mittlerweile auch auf alle möglichen Bundesländer verteilt – Mekong Delta, die in ihrer Anfangsphase und ihren ersten Alben „Mekong Delta“, „The Music Of Erich Zann“ und auch „The Principle Of Doubt“ von ungläubigen Kopfschütteln bis tiefste Verehrung alles erfahren haben (natürlich darf man die danach folgenden Alben ebenfalls nicht ausschließen).
„Intersections“ ist jetzt aber mitnichten ein neues Album im Sinne von „neues Album“, hat doch die sich mittlerweile gut eingewöhnte und etablierte Mannschaft an einige Klassiker herangetraut und diese neu eingespielt. Und wie das immer wieder bei solchen „Best Of“s ist, kann man es eh einem Teil der Fans nicht recht machen, doch aufmerksamen KonzertbesucherInnen dürfte aufgefallen sein, dass sich auf „Intersections“ eben jene Songs tummeln, die auch die Live-Tests in neuer Besetzung bestanden haben. Wie gut Mekong Delta es verstehen, den äußerst komplexen Thrash auch live in Szene zu setzten, ist hier an anderer Stelle zu lesen.
Jetzt gehört es ja zu den ungeschriebenen Gesetzen, dass Vieles am Frontmann festgemacht wird, doch hier ist alles im grünen Bereich: Bandchef Ralph „Björn Eklund“ Hubert bewies ein richtig glückliches Händchen, als seine Wahl auf Martin LeMar fiel, der seit 2008 die Mekong Delta-Songs stimmlich veredelt und auch wie beim Headbangers Open Air oder der exklusiven – Achtung Eigenwerbung: von the-Pit.de präsentierten – Clubshow im Lünener Lükaz live nachwies, dass er der beste Vokalakrobat in der von zahlreichen Personalwechsel geprägten Historie bei Mekong Delta ist.
Schon beim ersten „Intersections“-Durchlauf wird dem Lauscher klar: Hier gibt es nicht nur keinen lauen Aufguss vergangener Tage, indem die Tracks der Frühphase Reste verwertet wurden und einen modernen Soundanstrich abbekommen haben, vielmehr wurden gerade die Gesangsarrangements deutlich überarbeitet und von Martin LeMar himself auf den Leib geschneidert. Ob nun der Opener „The Cure“ – im Original auf dem 1987 selbstbetitelten Debüt – mit den wirren Gitarrenläufen zur Verzweiflung treibt, ob die Headbangversuche zu „Sphere Eclipse“ (vom „Kaleidoscope“-Album 1992) mehr wie Zuckungen im Rinderwahnsinn aussehen oder ob das deutlich balladeskere „The Healer“ zur Pseudo-Entspannung entführt – Mekong Delta sind in der Champions League des progressiven Thrash Metals. Ist noch ein Nachweis dafür nötig? Bitte schön: Wer sich bis zum Rausschmeißer „Prophecy“ noch nicht in die Klapsmühle hat einweisen lassen, der bekommt nochmals alle MD-Weihen eingehämmert: Flirrende Gitarren, Schlagzeugbreaks im Sekundentakt und mit Martin LeMar ein manchmal an den Maiden-Bruce erinnernden Frontmann – ein Lehrbeispiel für Progressivität meets Eingängigkeit – wir müssen doch auch alle ein bisschen verrückt sein.
Wer bisher Mekong Delta noch nicht auf dem persönlichen Radar angemeldet hat und sich Progressive-Metal-Fan schimpft, der sollte das jetzt schnellstens nachholen, denn wenn auch „Intersections“ „nur“ neu eingespielte Songs sind, so wird doch hier einfach Musik auf unfassbar hohem Niveau abgeliefert. Die Velberter haben noch nie in die Kommerz-Kaste gepasst und das werden sich auch nicht mit dem vorliegenden Album - volle Punktzahl für spitzen Leistung.