Wer poppig angehauchten Punk und Emo nicht mag, der sollte um die Münsteraner Leaves einen weiten Bogen machen oder zumindest Kopfhörer parat haben – auferstanden aus der Asche von Idle Class, gibt sich das Trio auf seinem selbstbetitelten Debüt in EP-Form poppig, punkig und emolastig und bietet da erst mal wenig Überraschendes, das muss man schon so sagen. Vier Tracks sind auch erst mal übersichtlich, mit einer knappen Viertelstunde Spielzeit ist man da schnell durch. Ein großes Plus gibt‘s dann im Voraus auch erst mal nur für das Cover.
Nach den ersten beiden Durchläufen wird deutlich: Vom Feeling her bietet sich dem geneigten Hörer eine Mischung aus City Light Thief und A Day To Remember, mit dem prekären Unterschied, dass Leaves gesangstechnisch weder mit Benni Mirtschin noch mit Jeremy McKinnon mithalten können. Zu dünn klingen die Vocals an vielen Stellen noch, dazu kommt eine etwas dumpfe Produktion – da hätte man gerne noch mal an den Reglern drehen dürfen.
Schon beim Opener „Campbell Island“ wird klar: Technisch kann man nicht meckern. Der Bass schön im Vordergrund, präsentieren die drei Musiker Indie Rock mit Emo-Einschlag, aber auch hier klingt der Gesang schon weniger kraftvoll als man sich wünschen würde. Ganz klar wird nicht, ob es ausschließlich an der Produktion oder auch an fehlendem Lungenvolumen liegt, immerhin passen die beiden Sänger Benny und Tobi ganz gut zusammen.
Mit „This State Is Non-Optional“ führen die Jungs nicht nur die Emo-Tradition etwas angeschrägter Songtitel fort, sondern liefern auch astreine Gitarren, die an sonnige Nachmittage am Strand denken lassen. Tatsächlich haben wir hier den stärksten Song der EP vorliegen, der ordentlich nach vorne treibt und noch am ehesten als Anspieltipp durchgeht. Wunschlos glücklich bleibt der Hörer aber auch hier nicht zurück.
Im weiteren Verlauf und somit der zweiten EP-Hälfte erwarten uns keine großen Überraschungen mehr. Was geboten wird, ist solider, teils wirklich gut gemachter Emo/Indie Rock, der aber (noch) viel Potential verschenkt, gerade was die Vocals angeht. Insbesondere bei „Anemic“ wird das recht deutlich, das dem Titel entsprechend wirklich etwas blutleer klingt, obwohl gerade das Gitarrenintro deutlich mehr verspricht. Das finale „Clover Mints“ bringt dann zwar noch mal ein bisschen Schwung in die Bude und prescht sommerlich-motiviert voran ohne eine etwas melancholische Note vermissen zu lassen, kann aber den Mittelwert nicht mehr sehr stark anheben. Schade, denn hier stehen immerhin „alte Hasen“ der Münsteraner Szene im Studio. Man muss den Jungs zugute halten, dass hier nichts durch eine glattgebügelte Produktion aufgehübscht wird – eine Maßnahme, die gerade im Emo-Bereich immer wieder Verwendung findet. Über die Durchschnittsmarke können Leaves aber mit dieser EP noch nicht hüpfen.