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Katatonia: Sky Void Of Stars

Selten war die Bezeichnung „Grower“ angemessener
Wertung: 9,5/10
Genre: Progressive Rock/Metal, Alternative
Spielzeit: 45:47/50:34
Release: 20.01.2023
Label: Napalm Records

Die Corona-Pandemie hat Katatonia offensichtlich besonders schwer zu schaffen gemacht: Das elfte Studioalbum „City Burials“ veröffentlichten die Schweden im April 2020, als die Seuche bereits grassierte, eine zugehörige Tour war dennoch bereits geplant, musste dann jedoch abgesagt werden. So entschied man sich stattdessen, mit „Dead Air“ eine Art im Studio aufgenommenes Livealbum herauszubringen, es folgte der Compilation-Doppeldecker „Mnemosynean“ mit B-Seiten und Raritäten – des Weiteren wurde schnurstracks mit der Arbeit am nächsten regulären Output „Sky Void Of Stars“ begonnen, dessen Titel dafür steht, dass Seefahrer bei einem sternenlosen Himmel keine Orientierung mehr haben – eine Metapher für die gerade für Künstler ungewisse Zukunft während der Pandemie. Die Veröffentlichungswut mutet ein wenig ironisch an angesichts der Tatsache, dass die Band nach „The Fall Of Hearts“ eigentlich eine längere Pause hatte einlegen wollen.

Wie sein Vorgänger wurde auch „Sky Void Of Stars“ komplett von Frontmann Jonas Renkse im Alleingang komponiert, möglicherweise hat sein Band- und Songwriting-Kumpel Anders Nyström derzeit eine Schreibblockade. In jedem Fall ist es so natürlich wenig verwunderlich, dass die Platte den nach dem progressiven „The Fall Of Hearts“ wieder kompakteren Sound von „City Burials“ fortführt und Herrschaftszeiten, selten gab es eine Platte, bei der die Bezeichnung „Grower“ so angebracht war wie bei dieser. Vieles auf „Sky Void Of Stars“ mutet zunächst unscheinbar an, um dann stetig zu wachsen. Nicht unbedingt eine Neuheit bei Katatonia, doch so extrem war es wohl noch nie.

Die Band hat im Laufe ihrer Karriere viele Entwicklungen durchgemacht und ist inzwischen bei einem Sound angelangt, der sich im Prinzip überhaupt nicht mehr kategorisieren lässt. Kompakte Stücke, die fast nie die Fünf-Minuten-Grenze überschreiten, dabei aber unglaublich viele Details beinhalten, die sich nach und nach offenbaren, und letztlich fast alle Phasen der Geschichte der Schweden umspannen. Das den Anfang machende „Austerity“, bei dem ohne großes Vorgeplänkel sofort der Gesang einsetzt (ein Stilmittel, das Renkse zuletzt gerne verwendet hat), prescht gut nach vorn und bietet gleich recht typische Katatonia-Melodien – somit ist diese Nummer noch vergleichsweise leicht zugänglich; das sich nahtlos anschließende „Colossal Shade“ hingegen fährt das Tempo wieder etwas herunter und groovt rockig in mittleren Geschwindigkeitsregionen.

Zum Auftakt ein toller Doppelpack zweier völlig unterschiedlicher Stücke, die trotzdem gewitzt verwoben wurden und relativ locker reinlaufen. Auch das aufwühlende „Birds“ (laut dem Sänger eine kleine Hommage an Paradise Lost) kann als einigermaßen unmittelbarer Ohrwurm verzeichnet werden, der ein wenig an „Last Fair Deal Gone Down“-Zeiten erinnert.

Der Rest des Albums will größtenteils erarbeitet werden; der aufblühende Refrain von „Atrium“, bei dem Jonas mit herrlichen Gesangsharmonien operiert, die einen trotz der erwartungsgemäß auch hier wieder nicht gerade fröhlichen Thematik geradezu wohl fühlen lassen, ist ebenfalls noch sehr eingängig. Dagegen entpuppt sich eine mit psychedelischem wie Gothic-mäßigem Feeling versehene, schwermütig sich dahinwalzende Nummer der Marke „Drab Moon“ erst später als Highlight, noch krasser verhält es sich bei „Sclera“, das anfangs völlig untergeht, sich mit seiner besonders trübsinnigen Stimmung später jedoch ebenfalls in den Vordergrund spielt.

„Impermanence“ kommt mit poppiger Schlagseite daher, wirkt balladesk und sehr ausladend; für Katatonia nicht unbedingt charakteristisch, was das Ganze aber nur umso interessanter macht. Die Gastvocals von Soen-Sänger Joel Ekelöf fügen sich prächtig ein und für die wundervoll poetischen Zeilen „I gave you my shards of sky, but we can barely see the reflection, we just live to see the essence die“ darf man fast schon einen halben Punkt extra vergeben. „Opaline“ besitzt ebenfalls einen leicht poppigen (trotzdem natürlich dunklen) Touch, fließt elegant und mündet in einen wunderschönen Breitband-Chorus, dürfte für so manchen Fan wegen der Fanfaren-artigen Trompeten-Synthies zunächst jedoch etwas irritierend wirken. Ganz anders wiederum das abschließende „No Beacon To Illuminate Our Fall“, bei dem man dann doch wieder ein wenig mit progressiven Elementen agiert.

Wie erwähnt, ist die Scheibe äußerst vielseitig und hat unheimlich viel zu bieten, weswegen Geduld und etliche Durchläufe gefragt sind. Ähnlich wie bei „City Burials“ wird sehr viel mit Synthesizern und elektronischen Spielereien gearbeitet, die zunächst überfordern mögen, sich im Nachhinein jedoch als absolute Bereicherung herauskristallisieren. Und das Songwriting ist noch dynamischer und besser als auf dem alles andere als schlechten Vorgänger. Jonas singt göttlich, weiß genau, wann Harmonien und mehrere Stimmen passend sind, die Instrumentalfraktion sorgt für viele Zungenschnalzer und die Jacob Hansen-Produktion ist ebenso sauber und üppig wie eindringlich und intensiv. Die beklemmende, klaustrophobische und dabei doch warme Katatonia-Atmosphäre wird jedenfalls prima eingefangen. Ein ganz großes Album, das ins Unermessliche wächst und ohne Witz zu den besten in der an Höhepunkten bereits weidlich gefüllten Diskographie dieser Band gehört.

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