34 Jahre sind seit der Bandgründung nun schon vergangen. Das ist beileibe keine Kleinigkeit. Dass Grave Digger dennoch nicht mal im Ansatz müde sind und noch lange nicht zum alten Eisen gehören, beweisen sie auf ihrem neuen Album „Return Of The Reaper“.
Das mittlerweile siebzehnte (!) Album der deutschen Urgesteine beginnt ganz gemächlich. Erst ein bisschen Geklimper, dann ein wenig Regengeprassel, etwas Donner, ein Wiehern und plötzlich ein Schrei.
All jene, bei denen sich innerhalb dieses 76 Sekunden langen Intros Sorge regt, dass das Quintett im Alter an Biss verloren haben könnte, werden aber gleich mit der zweiten Nummer eines Besseren belehrt. „Hell Funeral“ ist vielleicht nicht die beste Nummer, aber zumindest einer der Höhepunkte des Albums. Aggressive Gitarren, ein treibendes Schlagzeug und die unverkennbare Stimme von Frontmann Chris Boltendahl machen den Song zu einem furiosen Auftakt, der zeigt, wohin es im Folgenden gehen soll. Straight nach vorne nämlich, ohne Rücksicht auf Verluste.
Dementsprechend hält der nächste Song „Wargod“ das Tempo dann auch aufrecht, fällt kompositorisch betrachtet aber etwas schwächer aus. Auch beim Text hätte man sich hier sicher etwas mehr Mühe geben können, anstatt als Refrain immer wieder den Titel des Liedes zu brüllen. Das starke Solo in der Mitte des Songs tröstet aber über die Schwächen hinweg.
Beim nächsten Track, „Tattooed Rider“, drücken die Musiker dann etwas auf die Bremse und bewegen sich ein Stückchen in Richtung Power Metal, womit das Gesamtspektrum des Albums schon jetzt in etwa abgesteckt wäre. „Season Of The Witch“ beispielsweise schlägt noch etwas deutlicher in diese Kerbe, wohingegen andere Songs wie „Satan’s Host“ sich wiederum eher dem eingangs beschriebenen Heavy Metal, mit Abstrichen hier und da vielleicht sogar dem Speed Metal zuordnen lassen.
Für Abwechslung ist also gesorgt. Zum einen, was die stilistischen Unterschiede der einzelnen Nummern und die durchweg gelungene Songabfolge angeht. Hier haben wir beispielsweise mit „Dia De Los Muertos“ einen für Grave Digger melodiösen Midtempo-Rocker, auf den ein total untypisches Keyboardintro folgt (klingt ziemlich nach Cembalo, also schon passend), nur um zum ziemlich heftigen „Death Smiles At All Of Us“ überzuleiten, welches vor allem dank seines starken Refrains vermutlich den stärksten Track auf „Return Of The Reaper“ darstellt.
Zum anderen sind aber auch die einzelnen Titel abwechslungsreich komponiert. Die meisten Stücke können mit einem schönen Solo aufwarten, hier und da hat das deutsche Quintett auch schöne Breakdowns eingebaut und auch Tempo, beziehungsweise Intensität, werden bei Bedarf gekonnt variiert. Bis zur Abschlussballade verliert die Band dabei jedoch nie ihre Power und dürfte damit vor allem Freunde der älteren Werke zufriedenstellen.
Insgesamt legen Grave Digger mit „Return Of The Reaper“ ein starkes Album vor, das alle Trademarks der Band vereint und durch die Bank weg Spaß macht. Die abschließende Ballade „Nothing To Believe“ hätte man sich eventuell sparen können – Chris Boltendahls Stimme ist einfach nicht für diese Art von Musik gemacht –, besitzt aber auch irgendwo ihren zugegebenermaßen eigensinnigen Charme und ist nur ein wirklich kleiner Kritikpunkt auf einem ansonsten starken und abwechslungsreichen Album!