Die kanadische Heavy-Szene überrascht ja auch gerne mal mit einem breit gefächerten Angebot, man denke da nur an Anvil oder Kataklysm, mit den im Vergleich noch recht jungen Get The Shot gibt es da direkt aus Québec aber noch mal eine deutlich straightere Breitseite aufs Gesicht. „Merciless Destruction“ heißt der Prügel, der bereits im Herbst erschienen ist und die Truppe gleich mal in Lobeshymnen und Lorbeeren ersäufte. Die Mischung aus Hardcore, Thrash, Death, brutalen Breakdowns und ausgesprochen dystopischer Thematik scheint den Nerv der Zeit zu treffen – kein Wunder, wenn man mal in die Nachrichten oder auch nur aus dem Fenster schaut.
Jetzt muss man sich ein bisschen schämen, hatte man doch die bereits 2009 gegründete Truppe bislang trotz einer veröffentlichen EP und dreier Full-Length-Alben (zuletzt das reizend betitelte „Infinite Punishment“ aus dem Jahr 2017) noch nicht auf dem Schirm gehabt. Sportlich ist allein schon das, was Sänger Jean-Philippe Lagacé und Bassist Dany Roberge hier bieten: Zwischen Death-Growls und hysterischem Hardcore-Gekeife in einer recht gewöhnungsbedürftigen, hohen Tonlage, malträtieren beide ohne Erbarmen ihre Stimmbänder – Wahnsinn, was für ein geballter Zorn da durch die Lautsprecher knallt. Ein Alleinstellungsmerkmal haben die Kanadier damit auf jeden Fall schon mal im Gepäck.
„Seeds Of Dissention“ ballert dann fast noch unbarmherziger als der Opener – dass Get The Shot sich thematisch nicht mit den schönen Seiten des Menschseins und der Gesellschaft auseinandersetzen, sollte man auch ohne Textverständnis bemerkt haben. Dass da auch schon mal Theodor Adorno mit einfließt („Divination Of Doom“) macht die Sache nur umso spannender. Hier wird nicht stumpf alles verdammt, sondern mit philosophischem Background Möglichkeiten formuliert, sich einer gewaltvollen und kriegsfixierten Gesellschaft zu stellen. Wenn man die elf Songs so hört, würde man schon gerne als erstes sicherstellen, dass man auf der Seite der kanadischen Berserker kämpft, sollte es jemals so weit kommen.
Unterstützung bräuchte die Truppe sicherlich nicht, haben sich aber mit Rob Watson von Lionheart und Matthi Tarnath von Nasty zwei durchaus bekannte Feature-Sänger ins Boot geholt: Ersterer darf beim deftigen „Deathbound“ aushelfen und bringt ein gutes Stück kalifornischen Old-School-Hardcore-Punk mit ein, während der belgische Kollege beim schon im ersten Durchlauf süchtig machenden „Bloodbather“ tatkräftig mitschreit.
Erstaunlich souverän managen Get The Shot den Spagat zwischen klassischen Beatdownpassagen und deftigem Death-Thrash, obwohl hier natürlich allein durch die beiden Kollabos noch eine ganze Menge mehr Subgenres aufgezählt werden könnten. Ein instrumentales Intermezzo wie „Diabolus Vobiscum“ hätte man dann so gar nicht erwartet, eine ruhig dahin perlende Verschnaufpause kommt aber ehrlich gesagt nicht ungelegen, denn abgesehen von dieser knappen Minute machen die Kanadier auf „Merciless Destruction“ genau das, was der Albumtitel ankündigt. Für alle Hardcore- und Beatdown-Fans sollte die Band eigentlich längst zum Inventar gehören, Metalfans härterer Genres müssten allein durch die knackige Gitarrenarbeit und die vorwiegend thrashigen Anleihen („Divination Of Doom“ bietet sogar einen beinah Hetfield‘esken Gesangsausflug) auch absolut auf ihre Kosten kommen.