Power Metal. Melodic, noch dazu. Am frühen Morgen. Erst mal Panik, aber immerhin hat man in der Vergangenheit ja auch schon ein paar Genreperlen ausfindig machen können, trotz der Vorliebe für deutlich härtere Gefilde. Galderia aus Frankreich stehen also mit ihrer neuen Scheibe „Endless Horizon“ noch alle Bewertungsmöglichkeiten offen, auch wenn die vorherigen Veröffentlichungen (immerhin eine EP, zwei Full-Length-Scheiben und ein Livealbum) bisher an der Schreiberin dieser Zeilen vorbeigegangen sind.
Erwarten darf man natürlich palettenweise Pathos und Kopfstimmen allerorten, zumal die Scheibe mit „Chören“ angekündigt wurde. Die Vocals verteilen sich auf drei Herrschaften, was unterm Strich genauso gut wie schlecht ausgehen kann. Hat man drei so großartige Sänger in der Band, dass man diesen Umstand nutzen will? Oder kann keiner so richtig was, aber zu dritt ist es wenigstens keine Vollkatastrophe?
Gottlob handelt es sich um Ersteres. Leadsänger Sébastien Chabot beherrscht die gesamte Bandbreite des Genres, inklusive Kopfstimme, aber ohne nerviges Gejaule, und sowohl Gitarrist Thomas Schmitt als auch Keyboarder Julien Digne bieten wertvolle Unterstützung an. Hat man den Punkt erst mal abgehakt, kann es schon mal nicht mehr so schlimm werden.
Vorneweg, bevor jetzt alle Fans sich daran machen, Hassmails zu schreiben: „Endless Horizon“ überrascht durchweg positiv. Ohrwürmer purzeln nur so aus der Tracklist, man nimmt aber Abstand von kitschigen Balladen und Griffbrettwichserei, stattdessen präsentiert sich auf der knappen Dreiviertelstunde Spielzeit eine Band, die Freude an der Sache zu haben scheint. Die „Chöre“ (hörbar zum Beispiel im Titeltrack) entpuppen sich als eher an Pagan Metal erinnernde männliche Gruppengesänge statt wie befürchtet irgendeine Else mit dünnem Stimmchen in den Vordergrund zu schieben.
„Answer The Call“ eröffnet den munteren Reigen schon entsprechend schwungvoll mit Flötensounds, man bedient sich ein bisschen an den Achtzigern, gibt sich aber mit breitem, dennoch dezentem Keyboardteppich fast schon episch – ein schöner Einstand, der durch das folgende „Striking The Earth“ mit seinem wahnsinnig hymnischen Refrain noch untermauert wird. Ja, es gibt ein Gitarrensolo, aber so gut in den Song integriert, dass man keinen Egotrip vermuten muss. Und als wären zwei bärenstarke Songs direkt zu Beginn der Scheibe nicht genug, liefern die Franzosen mit „Elation“ gleich noch einen super tanzbaren, optimistischen Track hinterher.
Wer jetzt denkt, die Truppe hätte ihr Pulver schon am Anfang verschossen, der irrt gewaltig: „Eternal Paradise“ feuert ebenso aus allen Rohren und verbreitet einen ungewöhnlich positiven Vibe, „Burning Higher“ wird dann mit seinem epischen Achtziger-Classic-Rock-Refrain und den dominanten Synthies live sicherlich für wunde Füße sorgen, und auch der bereits erwähnte Titeltrack lässt mit seinem grundsympathischen Gesang und dem schwungvollen Refrain die Metalherzen sicherlich höher schlagen.
„Endless Horizon“ ist eine ausgesprochen optimistisch klingende Scheibe geworden, was ja im Metal an sich erst mal ungewöhnlich ist. Besonderer Pluspunkt: Galderia sparen sich abgedroschene Weisheiten und Plattitüden, sondern spielen einfach ihre Freude an der Musik heraus. So kann man sich Power Metal gut gefallen lassen, die Band wird sicherlich eine Weile auf dem Radar bleiben.