Deutscher Hardcore erfreut sich nach wie vor bester Gesundheit, da stellt sich gar nicht erst die Frage nach großen Szenehelden. Final Prayer aus Berlin gehören aber mittlerweile ohne Zweifel zu den renommiertesten Truppen der deutschen Szene; der The-Pit.de-Redaktion fielen die Hauptstädter beschämenderweise erst mit ihrer Best-Of-Platte „Best Of Times“ auf, die darauffolgende EP, sinnvoll „Berlin“ betitelt, knallte dann aber schon richtig deftig aufs Parkett. Auf gerade einmal drei Songs zeigte der Fünfer seine geballte Power – da wurde es recht bald Zeit für einen Nachschlag, der jetzt in Form der neuen Scheibe „I Am Not Afraid“ in den Startlöchern steht. Und da die Musikszene in sich völlig inzestuös ist, findet man auf der neuen Platte einen alten Bekannten wieder – Ex-Black Friday 29]-Basser Dennis hilft am Bass aus.
Gute acht Jahre hat die Truppe mittlerweile auf dem Buckel, in denen sie neben diversen Alben auch gefühlte eine Million Liveshows hinter sich gebracht und sich somit eine grundsolide Fanbase erspielt hat – dementsprechend heiß erwartet wurde die neue Scheibe in Szenekreisen. Inzwischen gibt es wieder ein bisschen mehr Metaleinflüsse als noch auf der „Berlin“-EP und überhaupt scheinen Finale Prayer auf „I Am Not Afraid“ alles zu vermischen, was sie ausmacht – eine Mixtur aus Hardcore, Punk und Metal, die ordentlich kracht, aber überraschenderweise nicht sofort wirkt.
Prominente Unterstützung gibt es auch diesmal, wenn auch vielleicht nicht ganz so große Namen wie auf der letzten EP, wo immerhin Bestandteile von War From A Harlots Mouth und Beatsteaks mitwirkten, dafür aber direkt aus den Tiefen der Szene: Sänger Jogges, seines Zeichen Frontschreier der Punkrocker Empowerment, und auch Nobby von den inzwischen aufgelösten One On One steuert seine Vocals für einen Song bei. Man darf gespannt sein, wie die Kombination mit Final Prayers Stephan klingt.
Beim ersten Blick auf die Tracklist fällt direkt ein Song ins Auge, den man schon kennt: „Mind Eraser“ war immerhin schon auf der letzten EP vertreten. Und bei genauerem Suchen findet man auch den zweiten Track, „Final Hour“, ebenfalls schon auf „Berlin“ zu finden und hier nochmal in die Tracklist geschmuggelt. Los geht es aber erst einmal mit dem Titeltrack, der direkt recht gewöhnungsbedürftig ausfällt: Da trifft ein düster-monoton gesprochenes Intro auf Hardcore-Rhythmen und –Gebell – damit muss man erst einmal klarkommen. Schlecht ist der Song aber nicht, er zündet nur nicht beim ersten Hören. Dafür rast „The Only Thing“ auch nach mehrmaligem Hörer fast unerkannt an einem vorbei – schade eigentlich, denn das ist wirklich nicht die Qualität, die Final Prayer normalerweise abliefern.
„Nonbeliever“ mit Gastsänger Nobby ist da schon ein anderes Kaliber: Rasant galoppiert der Song nach vorne, während sich Stephan die Seele aus dem Leib brüllt. Im Refrain gibt es dann klaren Gesang – nicht gerade tonrein, aber irgendwie charmant und vor allem passt das Ganze zum Song - eine erste positive Überraschung also auf dem bislang eher durchschnittlichen Tonträger, die hoffentlich nicht die letzte bleiben wird.
„All Of Us“ gesellt sich zu „Nonbeliever“ auf die Liste der Anspieltipps – der Song könnte den Prototyp des Mosh-Songs darstellen, die Dynamik kommt richtig geil aus den Boxen und auch die Vocals strotzen nur so vor Eiern. So muss Hardcore klingen und nicht anders, sehr fein.
„Heimathafen Kreuzberg“, zu dem Jogges nicht nur Vocals, sondern auch Lyrics beigesteuert hat, entpuppt sich als etwas über eine Minute langer Unterricht in Old School Hardcore. Richtig fies und dreckig verrotzt kommt der Track rüber, man muss ihn aber irgendwie trotzdem immer wieder hören. Auch das finale „Nothing“ hebt den Bewertungsschnitt und die Laune noch mal beträchtlich – was etwas dröge anfing, hat sich doch noch zu einem wirklich guten Hardcore-Album gemausert, obwohl man hier immer die wirklich brilliante „Berlin“-Ep im Kopf hat, die nicht ganz erreicht werden kann.