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Enslaved: Heimdal

Wieder ein gutes Stück härter und aggressiver als das Vorgängeralbum
Wertung: 9/10
Genre: Progressive Metal
Spielzeit: 48:22
Release: 03.03.2023
Label: Nucular Blast

Wenn eine neue Enslaved-Langrille ansteht, kann man stets gespannt sein, denn dass dieser Truppe auch nach dem Release zahlreicher Alben, EPs und Splits die Ideen nicht ausgehen, wurde in den letzten Reviews zu dieser Ausnahmeformation bereits hinlänglich festgestellt. Mit dem nunmehr 16. Studioalbum „Heimdal“ verhält es sich nicht anders – wie schon beim Vorgänger „Utgard“ ist die Scheibe pickepacke voll mit interessanten Einfällen, die mit viel Fantasie und Raffinesse dargeboten werden und sich nach und nach erschließen. Dabei knüpft man durchaus an die Ausrichtung des Vorgängers an, wobei das Ganze insgesamt wieder einen guten Ticken härter, rauer und vor allem wilder daherkommt. Diese leichte Kurskorrektur wurde bereits bei der vor rund anderthalb Jahren veröffentlichten EP „Caravans To The Outer Worldss“ angedeutet, die laut Band als eine Brücke zwischen den beiden Alben angesehen werden kann.

Eine Brücke schlagen die Norweger außerdem mit dem Titel ihrer neuesten Platte in ihre tiefste Vergangenheit, denn, wie echte Fans natürlich wissen, es gab auf dem ’94er-Debüt „Vikingligr Veldi“ bereits einen Song namens „Heimdallr“, auf dem die Herrschaften sich erstmals mit dem Heimdall-Mythos auseinandersetzten. Anscheinend übt dieser noch immer Faszination auf die Band aus, wie Gitarrist Ivar Bjørnson erklärt, hauptsächlich deswegen, weil er so mysteriös ist: Heimdall ist in der nordischen Mythologie der Wächter der Götter, zuständig vor allem für die Bewachung der sich zwischen Asgard und Midgard befindlichen Regenbogenbrücke Bifröst. Einige Quellen behaupten, er sei der Sohn Odins und möglicherweise sogar dessen Nachfolger, wenn die Götter nach der Ragnarök untergegangen sind – andere besagen, er und Loki töten sich im Zuge der Ragnarök gegenseitig.

Als Wächter besitzt er das große Gjallarhorn, mit dem er die Götter Asgards rufen kann – dies lässt man gleich zu Beginn des Openers „Behind The Mirror“ mächtig erdröhnen, ähnlich der Einleitung des 2017er Outputs „E“. Anschließend zeigen Enslaved einmal mehr, wie man gekonnt Erhabenheit und scharfkantiges Riffing sowie Vielschichtig- und Eingängigkeit unter einen Hut bringen kann. Das Stück ist enorm facettenreich, beinhaltet unterschwellige Melodien ebenso wie energische Midtempo-Grooves, Grutle Kjellsons gewohnt fieses Gekrächze wechselt sich perfekt mit wunderbar schwebendem, chorartigem Cleangesang der Herren Vinje und Sandøy ab, hinzu gesellen sich zudem ziemlich cool eingebaute, fast Trance-artig wirkende Synthesizersounds.

Wahnsinn, was sich da allein schon im Opener alles abspielt – als Hörer wird man ob der Fülle an Ideen fast erschlagen, dennoch setzen sich die zahlreichen Schichten zu einer sinnvollen Struktur zusammen und ergeben schlussendlich ein Stück, das trotz seiner Komplexität gut als Eröffnungsnummer funktioniert. Man wird nach den röhrenden Hornrufen sofort ins fesselnde Enslaved-Universum katapultiert und ist erneut überwältigt davon, dass diese Typen in einer Tour abliefern.

Mit dem wüsten „Congelia“ geht es ziemlich derb weiter: Galoppierende Drums treiben das Stück nach vorne, das ansonsten mit einer massiven Gitarrenwand ausgestattet wurde, in der auch Akustikfarbtupfer auftauchen, in der zweiten Hälfte wird das Ganze jedoch mittels einer melodischeren, gemäßigten Sequenz aufgelockert, die wiederum Cleangesang enthält, ohne aber allzu sehr an Härte einzubüßen, da die Gitarrenwand trotzdem bestehen bleibt.

Sehr aggressiv geht es auch bei „Kingdom“ zur Sache – absolut geil, wie hier frickelige Läufe der beiden Gitarristen verzahnt werden; insgesamt hat der Song einen recht thrashigen Charakter, peitscht flott voran und dürfte sich somit live bestens zu einer fetten Headbanger-Nummer mausern. Auch hier lohnt es sich aber wieder, genau hinzuhören und die ganzen Details aufzusaugen – hier ein Synthesizer, da ein Gitarrenlick, grandios arrangierte Vocals – und das ohne dass man der Band übertriebene Redundanz zur Last legen müsste.

Diesen Nackenbrechern stehen etwas melodischere Stücke gegenüber, die nichtsdestoweniger mindestens genauso stark ausgefallen sind. So gehört „Forest Dweller“ mit zu den Höhepunkten auf „Heimdal“: Der relaxte Beginn mit Akustikgitarren und herrlichen Gesangsmelodien, die Keyboarder Håkon Vinje ätherisch vorträgt, lädt zum Schwelgen ein, doch auch hier wird der Härtegrad zwischendurch merklich angezogen, effektiv wechseln sich die drei Gesangsstimmen ab, Platz für wahlweise eine wummernde Hammondorgel oder surrende Synthies und kurze Momente des Durchschnaufens sind jedoch auch hier vorhanden und schlüssig integriert.

Der abschließende Titeltrack walzt sich wiederum sehr doomig und ultraheavy durch die Boxen, Kjellsons extrem räudige Vocals und fauchende Synthies tragen zur unheilschwangeren, äußerst finsteren Stimmung des Stückes besonders bei. Erst in der zweiten Hälfte wird das Tempo etwas angezogen und das Album schließlich mit spacigen Sounds abgerundet.

Natürlich bleibt es dabei, dass Enslaved nach rund 30 Jahren Bestehen unverkennbar tönen, kompositorisch dynamisch, kreativ und vielfältig indes präsentieren sie sich auch im Jahre 2023 wieder. Es ist mehr Schärfe als auf „Utgard“ vorhanden, geschickt werden die rohe schwarzmetallische Vergangenheit und die progressive, krautrockige Gegenwart der Truppe verknüpft und dabei zu jedem Zeitpunkt trippy Atmosphäre ganz groß geschrieben. Man könnte der Band jetzt vorwerfen, dass sie den Titelsong der erwähnten „Caravans To The Outer Worlds“-EP einfach noch einmal verwurstet hat, aber 1.) fügt sich dieser schon sehr passend in die Tracklist ein und 2.) bei dem reichhaltigen (und dabei qualitativ stets hochwertigen) Output, den die Norweger für ihre Fans raushauen, sei dies mal verziehen. Anmerkung: Im Digipack ist noch der Bonustrack „Gangandi“ vorhanden (idiotischerweise inmitten der regulären Tracklist eingebettet), der uns nicht vorlag.

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