Die blonde Rockröhre und Wacken-Dauer-Stammgast Doro Pesch macht mit einer neuen EP wieder auf sich aufmerksam. Die Scheibe enthält vier Tracks, von denen das Titelstück praktisch zweimal enthalten ist – einmal als englische und einmal als französische Version. Daneben gibt es noch den kräftigen Song „Victory“ und die Ballade „Engel“. Das macht realistisch betrachtet drei Lieder und klingt somit schon eher nach einer Singleauskopplung als nach einer EP. Nun gut, das ist Auslegungssache.
Der Titelsong dürfte den Fans, die in letzter Zeit ein Doro-Konzert besucht haben, schon ein Begriff sein: „Raise Your Fist“ ist schon seit einiger Zeit fester Bestandteil der Liveshows des Powerpakets namens Doro. In dem Song glänzt die Sängerin auch mit ihrer gewaltigen Stimme. Rockig, rauchig, fest und druckvoll röhrt sie den Text ins Mikro. Die Stimme und auch die Instrumente wurden dabei sehr natürlich aufgenommen, sodass fast schon eine Live-Atmosphäre entsteht. Die Nummer rockt gut und ist eingängig zu hören – man ertappt sich schon nach einigen Sekunden beim Mitsummen oder gar -singen.
„Victory“ ist etwas anders gestrickt: Hier stehen die Gitarrenriffs etwas weiter im Vordergrund. Die Nummer ist nicht ganz so eingängig wie der Titelsong, dafür hält sie sich aber auch länger im Gedächtnis. Auch hier kann Frau Pesch wieder mit ihrer Stimme glänzen, vor allem die fast schon zerrenden Screams klingen ziemlich beeindruckend. Das Stück basiert auch weniger auf eingespielten und bewährten Arrangements. Hier trauen sich Doro und die Band viel weiter weg vom Mainstream, was der Rocklady gut zu Gesicht steht.
„Engel“ spiegelt die besinnliche und sinnliche Seite der weißblonden Sängerin wider. Sehr lasziv haucht sie den Text ins Mikro. Das Stück wurde ziemlich dramatisch mit Orchester und einer konstanten Pianomelodie aufbereitet und sehr professionell produziert – für die Fans der melancholischen Seite von Doro ist diese Nummer bestimmt ein Highlight.
Produziert sind die vier Lieder auf allerhöchstem Niveau. Der Sound ist von vergleichbarer Qualität wie die letzte Scorpions-Platte und ähnlichen. Der Metalcharakter leidet darunter zwar ein bisschen, dafür bekommt der Hörer aber ein beeindruckendes HiFi-Erlebnis ins Wohnzimmer geliefert.
Ob man die Scheibe nun haben muss oder nicht, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Den Titelsong gibt es auf dem kommenden Album sowieso und die anderen drei Nummern rechtfertigen den Kauf nur bedingt. Die französische Version von „Raise Your Fist“ fällt durch, weil sie eben nur für die französischen Fans interessant ist (wenngleich die Nummer auch auf Französisch nichts von ihrer Energie einbüßt). Nun sind es schon nur noch zwei Lieder, die den Ausschlag für sinnvoll oder nicht sinnvoll geben müssen. Hardcorefans können hier schon zugreifen, alle anderen können vielleicht noch auf das kommende Album warten.