Manchmal wird man noch überrascht im Leben: Vom Bandnamen Detraktor erwartet man erst mal nicht so richtig viel, der Albumtitel „Full Body Stomp“ lässt da schon eher aufhorchen, wenn man dann von den umfassenden Besetzungswechseln seit der ersten Full-Length-Scheibe „Grinder“ von 2019 liest, überfällt einen dann vielleicht aber doch eher die Skepsis. Tatsächlich wurden seit Gründung der Truppe 2016 nicht nur mehrfach Bässe und Drums ausgetauscht, sondern auch schon ein Sänger, sodass das derzeitige Stamm-Line-Up mit Bassist und Sänger Boris Pavlov, Gitarrist Rafael Dobbs und Drummer Pablo Cortez sich recht übersichtlich gestaltet.
Tatsächlich war Pavlov auf der Debütscheibe noch für die Backing Vocals zuständig und egal wie der vorherige Sänger geklungen haben mag, Pavlov nach vorne ans Mikro zu stellen, war in jedem Fall die goldrichtige Entscheidung. Der Mann beherrscht durchaus thrashiges Gekeife, kommt aber meistens mit einer ordentlichen Kante à la Ministrys Onkel Al oder Jaz Coleman von Killing Joke daher, was sicherlich einen enormen Wiedererkennungswert anzeigt. Entsprechend flott preschen die neun Songs auf „Full Body Stomp“ durch die Botanik und hinterlassen größtenteils vor allem staubige Erde.
Bewegt man sich beim Opener „Gorilla“ fast noch ein bisschen behäbig, entpuppt sich „Bear Fight“ dann schon als der erste Rundumschlag, der sich zähflüssig durch die Boxen wälzt – sägende Gitarren, pulsierende Drums und ein zu allen Schandtaten bereiter Sänger hieven den Track direkt auf die Liste der Anspieltipps. Wessen Nackenmuskeln hier nicht zucken, der hat kein Metalherz.
Witzig dann auch, wie noch mal schnell Eigenwerbung eingebracht wird, handelt sich bei „Evilusion“ doch um ein Cover der Truppe Undercroft, bei denen Drummer Pablo Cortez ebenfalls die Felle verprügelt. Überraschend hoher Besuch ist mit Dirk Weiss von Warpath vertreten, der am Mikro für Aushilfe sorgt bei einem Song, der so oder so ähnlich auch von den ganz alten Fear Factory sicherlich nicht verschmäht worden wäre.
Wie geschickt die Hamburger Thrash- und Industrial-Elemente miteinander verweben, wird bei Songs wie dem groovigen „Perro“ sehr deutlich, das zu Beginn – mit einer etwas schärferen Produktion – auch gut von einer Truppe wie Static-X hätte kommen können. Dabei kupfert das Trio aber nie ab, sondern versucht sich mit neu erstarktem Line-Up ganz deutlich einen eigenen Sound zu basteln; und das ziemlich erfolgreich.
Wer morgens schwer aus dem Quark kommt, sollte es mal mit „Full Body Stomp“ versuchen. Das morgendliche Workout spart man sich eigentlich gleich komplett nach zwei oder drei Durchläufen und wach werden sollte eigentlich jeder bei großartig gebellten Vocals à la „Seven“. Wollte man die Liste von Bands noch erweitern, an die Detraktor sich eventuell angelehnt haben könnten, müssten einem spätestens hier die großartigen Bushfire einfallen – stimmlich erinnert Pavlov hier wahnsinnig an den Sänger der Darmstädter Truppe. Dass Detraktor als Thrasher keine Angst haben, auch mal einen Siebenminüter rauszukloppen, ehrt das Trio dann zusätzlich, zumal hier einfach keine Langeweile aufkommt.
Unterm Strich scheinen die Hamburger mit ihrem Line-Up-Wechsel und dem derzeitigen Stilmix alles richtig gemacht zu haben. „Full Body Stomp“ prügelt nicht so unerbittlich drauflos wie man sich bei Titel und Cover vielleicht gedacht hatte, bremst mit „Revenge“ sogar erst ein bisschen, das gedrosselte Tempo wird aber natürlich nicht lange gehalten. Alles in allem kann und sollte man die Band ruhig im Auge behalten, wenn man an den erwähnten Combos Gefallen findet.