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Ahab: The Coral Tombs

Diesmal geht's auf Reisen mit Captain Nemo
Wertung: 9/10
Genre: (Nautik) Funeral Doom Metal
Spielzeit: 66:18
Release: 13.01.2023
Label: Napalm Records

Lange haben sich Ahab nach zuvor relativ gleich bleibendem Drei-Jahres-Rhythmus mit einer neuen Scheibe Zeit gelassen: Rund siebeneinhalb Jahre sind seit „The Boats Of The Glen Carrig“ ins Land gezogen und die spannende Frage war natürlich vor allem, welchem nautischen Thema die Süddeutschen sich diesmal gewidmet haben. Die Wahl fiel auf Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem Meer“, das wohl zu den berühmtesten Romanen überhaupt gehört; Captain Nemo dürfte zu den legendärsten Figuren der Literaturgeschichte zählen und sein Schiff „Nautilus“ müsste jedem ein Begriff sein. Bei der Umsetzung stellt das Quartett einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis, weswegen es zur Speerspitze des Genres gerechnet wird.

Ob man das nun noch Funeral Doom oder Death Doom nennen will, ist letztlich völlig wumpe (die Jungs wissen schon, warum sie ihre Mucke selbst als „Nautik Doom Metal“ bezeichnen), Fakt ist, abseits von solch kleinlichen semantischen Diskursen liefern Ahab eine Scheibe von hochwertiger Qualität ab, die exzellent und druckvoll produziert wurde und dabei gewohnt mit unheimlich dichter, gefangen nehmender Atmosphäre fesselt, die das lyrische Thema authentisch transportiert und vor allem kompositorisch absolut überzeugt.

Wie kaum eine andere Band verstehen es Ahab, die Songstrukturen trotz genrebedingter Überlänge stets nachvollziehbar zu halten, wobei sie vor allem ein Händchen für erstaunlich eingängige Gitarrenmelodien beweisen, worum sie sicherlich so manch andere Slow-Mo-Truppe beneidet. Das Wechselspiel zwischen sanften, teilweise verträumten Momenten und tonnenschweren Riffausbrüchen wird wirklich von Album zu Album immer geschmeidiger und damit besser – im dramatischen „Colossus Of The Liquid Graves“ beispielsweise wird in bravouröser, nahezu unauffälliger Manier zwischen grabestiefen Growls und ergreifendem Klargesang geswitcht und wuchtige Riffs mit prägnanten, melancholischen Licks verzahnt.  

Wo andere Formationen dogmatisch bedingt in Langsamkeit ersterben, drücken die Württemberger außerdem zwischendurch auch mal aufs Gaspedal und sorgen so für noch mehr Abwechslung. Bereits beim Vorgänger überraschten die Herrschaften mit dem ziemlich schnellen „Like Red Foam (The Great Storm)“ und diesmal holzt man gar gleich zu Beginn fast Black-Metal-artig im eröffnenden „Prof. Arronax Descent Into The Vast Oceans“ (Professor Arronax ist im Übrigen der Ich-Erzähler des Romans) ordentlich los, womit die Band frühzeitig erneut klar macht, dass sie keine Angst vor Genregrenzen hat und lieber Experimente wagt als sich selbst zu limitieren.

Auch im düsteren „Mobilis In Mobili“ (das supercool mit blubberndem Wasser und Glockenspiel-artigen Sounds startet) gilt streckenweise die Devise „Volle Kraft voraus“; wie ein Sturm peitschen da zu Beginn die Doublebass und klirrende Klampfen, nur um alsbald von Doom-Walzen (fantastisches Hauptriff, bei dem der Kopf von ganz allein anfängt zu headbangen), Doppel-Leads und sanften, ätherischen Passagen abgelöst zu werden. Grandiose Nummer, die alles beinhaltet, was diese faszinierende Band ausmacht.  

Alles in allem wurde der Anteil an Clean Vocals noch einmal erhöht, doch wird Daniel Drostes Gesang ebenfalls immer besser und seine wehmütige Stimme passt einfach perfekt zur Thematik und zur Musik. So wird bei der mittig platzierten Nummer „The Sea As A Desert“ lediglich in den ersten Versen gegrowlt und anschließend nur noch clean gesungen. Trotzdem oder deswegen zählt auch dieses Stück zum stärksten Material, das die Band überhaupt bislang veröffentlicht hat. Der elegische Refrain ist ein totaler Ohrwurm ohne penetrant zu sein, der gesamte Song hat eine nicht unerhebliche My Dying Bride-Schlagseite (was selbstverständlich niemals etwas Schlechtes sein kann) und entfaltet dank der mit orientalischen Schlenkern versehenen Gitarren eine stark hypnotische Sogwirkung.

Trotz der besonderen Klasse jener Stücke muss man „The Coral Tombs“ selbstverständlich am Stück genießen, damit es seine volle Wirkung entfaltet und bei einem Konzeptalbum ist dies im Prinzip ja auch die einzig sinnvolle Vorgehensweise. Die Platte wurde sehr überlegt komponiert und mit tollem Spannungsbogen versehen, der in der zweiten Hälfte mit dem epischen „Ægri Somnia“ sowie dem intensiven, wiederum mit sehr eleganten Gitarren ausgestatteten Finale „The Mælstrom“ kulminiert, in dem Daniels verzweifelte „Almighty God! Enough! Enough!“-Schreie am Ende ordentlich unter die Haut gehen. Und grandios wie am Ende mit diversen Effekten tatsächlich ein abwärts ziehender Strudel simuliert wird. 

Einzig der schleppende Fast-Titeltrack „A Coral Tomb“ ist vielleicht ein wenig zäh geraten, letztlich aber ebenfalls ziemlich eindringlich, sehr beklemmend und behutsam aufgebaut. Wirklich groß was zu meckern gibt es jedenfalls nicht – die lange Wartezeit hat sich gelohnt und den Autor dieser Zeilen hat das Album außerdem dazu gebracht, Jules Vernes Klassiker mal wieder zur Hand zu nehmen. Erwähnt seien noch die Gastbeiträge von Ultha-Sänger Chris Noir im Opener und Greg Chandler (Esoteric) im Albumcloser, wobei sich vor allem letzterer als äußerst wirkungsvoll erweist. Großartig ist natürlich auch Sebastian Jerkes Artwork, das einen Vinylkauf beinahe unumgänglich macht.

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