Against The Flood kommen, man ahnt es vielleicht, aus dem Core-Bereich. Jetzt kann man sich entscheiden, ob man mit einem müden Gähnen die Seite schließt, oder ob man sich neugierig in das Debütalbum der Jungs stürzt, das da heißt „Home Truths“. Die selbstbetitelte Vorgänger-EP schien in der Szene ein regelrechtes Lauffeuer zu entfachen, ging an mir aber mit einem lauen Schwefelwölkchen vorbei – lediglich der Bandname ist im Gedächtnis hängengeblieben.
Daran merkt man direkt, dass ich mir Briten nicht richtig angehört habe, denn zumindest an das hysterisch-genervte Gebrüll von Sänger Matt Church hätte ich mich erinnern müssen. Seit 2009 loten die Herren die Grenzen von Metal und Post-Hardcore aus und haben für den Job genau den richtigen Sänger am Start, dabei sind die Vocals meist so in das Gesamtbild eingebettet, dass man auch mal in Trance verfallen kann, ohne zu merken, dass da jemand singt; gleichzeitig fesseln sie aber, wie zum Beispiel beim großartigen „Where The Compass Doesn’t Lead“, bei dem inbrünstige Schreie sich mit wunderbarem klaren Gesang vereinen und am Ende in geniale Gitarren und Gangshouts münden. So, und zwar genau so und nicht anders, hat Post-Hardcore heutzutage zu klingen: frisch, aggressiv und voller Emotionen. Dabei bauen Against The Flood immer mal wieder recht klassische Gitarrenlicks ein, die ihre Metalwurzeln betonen, aber zum Glück nie in Old-School-Saitenfledderei abdriften.
Auch hier gilt, wie so oft: Man kennt die meisten Strukturen schon, das ändert aber nichts daran, dass die Songs von Against The Flood an sich gut gemacht sind und vor allem die Gitarrenarbeit und die Vocals überzeugen können. Große Überraschungen gibt es nur bezüglich der Aggressivität, die man so vielleicht nicht unbedingt erwartet hätte, wenn man die Band zum ersten Mal hört. Und das ist auch eigentlich das einzige, allerdings nicht zu unterschätzende Manko der Truppe: Ein bisschen mehr Experimente wären wünschenswert gewesen, obwohl sie natürlich mit dem, was sie hier fabrizieren, recht gut fahren. Bereits im ersten Track "Idle Hands" darf man sich an Matts Ausrastern erfreuen, nur mit dem teils etwas zu lahmen Gitarren wird man nicht so richtig warm. Da wird der Song ausgebremst, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre.
Gerade die Gitarren sind es dann aber, die das folgende "Left With Us" zu einem Highlight machen, weil sie dem Track die nötige Transparenz und
kristallklare Nuancen gibt. Wenn da noch ein paar solcher Arrangements im Lauf der Platte auftauchen, könnten die Jungs ordentlich Pluspunkte sammeln."Turn Towards The Sky" ist dann - leider - so ein Song, den man nur bemerkt, weil richtig brachiale Breakdowns darin vorkommen, die einem fast die Schuhe ausziehen und die Magenwand auf halb acht hängen lassen. Schlecht sind die Gitarren auch hier nicht, ansonsten kommt das Stück aber aus der Mittelmäßigkeit irgendwie nicht heraus. "A Promise In Gold" weiß dann schon eher zu überzeugen: Die Gitarren driften teils so ein bisschen in sphärische Post-Hardcore-Bereiche ab, dazu passen die verzweifelten Schreie natürlich top. Vor allem im Refrain kann man da schon mal eine Gänsehaut bekommen - sehr feiner Track, der sicherlich auch live großartig rüberkommt.
Mit guten Songs war's das dann aber auch, abgesehen von dem eingangs erwähnten finalen "Where The Compass Doesn’t Lead"; eigentlich war's das dann überhaupt so ziemlich, denn mit gerade mal knapp 34 Minuten zählt "Home Truths" nicht gerade zu den Langstreckenläufern. Auch fällt die Bilanz zur Mitte der Scheibe hin etwas mau aus: ATF scheinen da einen kleinen Durchhänger zu haben und bringen erst zum Finale hin die richtig geilen Songs. Ob die nächste Platte da Abhilfe schafft, bleibt abzuwarten, aber immerhin können die Jungs mit einem einigermaßen guten Durchschnittsergebnis eine Basis schaffen.