A Day To Remember aus Florida gehörten schon immer eher zu den Core-Bands, die noch am radiotauglichsten agieren, mischten sie doch den harschen Metalcore-Sound mit oftmals eher gefälligen Pop Punk-Melodien, so dass sie zumindest im amerikanischen Rock-Radio auf ordentlich Airplay spekulieren konnten. Ihr erstes Victory Records-Album „For Those Who Have Heart“ ebenso wie der Nachfolger „Homesick“ krempelten die Core-Szene einmal komplett um – klar hatte man melodiösen Punk schon gehört und auch Metalcore war längst nichts Neues mehr. Kaum eine Band hatte sich aber bisher getraut, diese beiden Stile so homogen zusammenzubringen.
Mit „What Separates Me From You“ haut der Fünfer jetzt die vierte Studioscheibe heraus und verteidigt damit scheinbar problemlos den Platz an der Spitze neben Genrekollegen wie Silverstein oder A Skylit Drive. Hier werden kompromisslos moshende Hardcore-Einsätze mit Pop Punk-Refrains versetzt, die zeitweise ein wenig an Good Charlotte mit weniger nerviger Stimme erinnern. Apropos Stimme: Was Sänger Jeremy McKinnon hier abliefert, ist wirklich allererste Sahne. Der Mann schreit, kreischt und singt sich durch die Songs, als würde er seit seiner Geburt nichts anderes tun – wobei hier vor allem die härteren Gesangslinien deutlich hervorzuheben sind. Auf keiner vorherigen Platte der Band hat Jeremy bisher derart großartige Shouts abgeliefert.
Direkt der Einstieg – was für eine Bombe - „Sticks & Bricks“ bietet nicht einmal so etwas wie ein Intro, stattdessen gibt es direkt nach einem Einstiegs-Growlen Breakdowns am Fließband, Jeremy wechselt von einer tiefen Stimmlage in hysterisches Gebrüll – großartig! Es ist kaum zu glauben, dass hier tatsächlich ADTR am Start sein sollen. Erst der klare Gesang im Refrain zeigt, wie perfekt die Jungs ihr Handwerk beherrschen. Der Song entwickelt eine unheimliche Dynamik, die uns im Verlauf der Platte bei den härteren Tracks noch öfter begegnen wird.
Gegensätzlicher könnte der nächste Track kaum sein, es sei denn er wäre eine Ballade – „All I Want“ wurde in den USA als erste Single ausgekoppelt. Das ist kein Wunder, geht der Song im Pop Punk-Gewand doch ordentlich nach vorne, ohne aggressiv zu sein. Das ist beste „Wir sitzen am Strand und trinken ein Bier“-Mucke, aber mit einem etwas nachdenklichen Unterton. Es ist etwas für die Highschool, wenn man so will, aber trotzdem ist ein sehr gutes Stück zum Mitsingen gelungen.
„2nd Sucks“ ist ein weiteres Stück, über das man sich mit Fug und Recht wundern kann. In bester In Fear And Faith-Manier breakt das Stück direkt mit Moshpower los, es schalten sich völlig geisteskranke Vocals ein und man hat unterschwellig das Gefühl, als wollten die Jungs hier zeigen, dass sie so nett gar nicht sind. Und obwohl „All Signs Point To Lauderdale“ wieder relativ gefällig und auf den US-Markt getrimmt daherkommt, kann man sich irgendwie nicht verkneifen, bei dem ohrwurmigen Refrain mitzuwippen. Es hat vom Feeling her ein bisschen etwas von „Last Summer“ von Lostprophets, das Ganze kommt aber noch eine Spur radiotauglicher daher.
Zum Glück haut „You Be Tails, I`ll Be Sonic“ direkt in eine ganz andere Kerbe und frönt eher dem deftigen Metalcore – wunderbar ist dieser Drive in den Strophen in Kombination mit den hysterisch-angepissten Vocals. Da stört auch der im Vergleich etwas fade, klar gesungene Refrain nicht so richtig, obwohl man sich ein bisschen übriggebliebene Aggression gewünscht hätte. Mit dem Rausschmeißer „If I Leave“ kann das Quintett nicht so viel reißen, steht hier doch am Schluss eines ziemlich guten Albums ein eher durchschnittlicher Popcore-Song.
Schade ist das, denn „What Separates Me From You“ ist im Großen und Ganzen eine echt gute Platte geworden. Zwar hätte ich mir mehr Ausraster im Stile von „2nd Sucks“ oder dem Opener gewünscht, aber das wäre wahrscheinlich für die amerikanischen Fans schon wieder zuviel des Guten gewesen. Insofern ist die Scheibe natürlich eine absolute Kaufempfehlung für ADTR-Fans und auch Freunde von beispielsweise den schon genannten In Fear And Faith können zumindest bei den härteren Stücken ruhig ein Ohr riskieren.