Wir kennen das doch alle: Man ist in einer Beziehung, einer baut Mist und am Ende beschuldigen die beiden Parteien sich gegenseitig. Glücklich sind da diejenigen, die eine dritte Partei zur Klärung hinzuziehen können und ihrem ex-Partner dann gehörig den Mittelfinger zeigen können. So geschehen bei den Amis A Day To Remember: Nachdem ihr Label Victory Records kurz vorm geplanten Albumrelease Material ins Internet stellte, ohne die Band zu informieren, zogen die Jungs kurzerhand vor Gericht. Der Core-Labelriese verteidigte sich damit, dass die Truppe ihren Fünf-Alben-Vertrag nicht hatte einhalten und zu einem Major Label hatte wechseln wollen – wie auch immer die Interna aussehen, letztlich bekamen ADTR Recht, trennten sich von den Vics und veröffentlichten ihr neues Album „Common Courtesy“ letztlich via Eigenvertrieb auf ADTR Records.
Zurück zur Musik: Drei Jahre ist das letzte Werk „What Separates Me From You“ jetzt also her. Inhaltlich gab es nur eine Handvoll Tracks, die bestechen konnten (zum Beispiel das knallharte „You Be Tails, I’ll Be Sonic“), die krachten dann aber dafür wie Abrissbirnen durch die Wand und halten sich bis heute hartnäckig in der privaten Playlist. Zwar gab es unterm Strich acht Punkte, viele Tracks gingen aber einfach an einem vorbei und hinterließen einen etwas faden Beigeschmack. „Common Courtesy“ beinhaltet auf den ersten Blick viele Songs, die ähnlich wie ihre Vorgänger aufgebaut sind, es fallen aber gleich ein paar Tracks ins Auge, die sicherlich eine lange Halbwertszeit haben:
Da wäre zum einen das recht unspektakulär und mit typischem Ami-Core/ Popo-Punk-Riff startende „Best Of Me“, Sänger Jeremy zeigt bei Weitem nicht das, was er wirklich kann – bis zum Refrain. Schnell prescht die Band nach vorne, der Mann am Mikro kotzt sich frustriert aus, ohne in richtiges Geschrei auszubrechen und die erste Gänsehaut bildet sich.
„End Of Me“ tendiert dann in eine ganz andere Richtung; Grundlage ist hier eine ruhige Akustikgitarre und passender, leicht verzerrter Gesang, ein bisschen toben sich die Jungs hier im Pop-Bereich aus, aber auf hohem Niveau. „Sometimes You’re The Hammer, Sometimes You’re The Nail“ ist dann dem 2010 erschienenen oben erwähnten „You Be Tails,…“ sehr ähnlich, es erwarten den Hörer leicht gedämpfte Breakdowns und ein ohrwurmiger Refrain, der aber für meinen Geschmack etwas zu gefällig daherkommt. Dafür begeistern die härteren Vocals wie üblich – womit wir gleich beim nächsten Song wären, der für ADTR-Verhältnisse äußerst düster ausfällt: „Violence (Enough Is Enough)“ besticht durch derbe Gitarren und einen vor allem im Refrain vorherrschenden sehr dunklen Unterton, den man so von der Band gar nicht unbedingt kennt.
„The Document Speaks For Itself“ reiht sich dann zwar nicht in die Liste der Anspieltipps ein, beinhaltet aber einen genialen Part, in dem Jeremys Geschrei nur von einem Schlagzeug begleitet wird. Sehr stark! „I Remember“ stellt dann an sich technisch nichts Besonderes dar, ist aber eine Reminiszenz an all die Tour-Anekdötchen und am Ende besonders niedlich, als einer der Jungs euphorisch in die Runde fragt: „Do you remember the first time we all saw snow?“
Neben der regulären Tracklist haben sich mit „Leave All The Lights Out“, „Good Times“ und „Same Book But Never The Same Page“ noch drei Bonus Tracks eingeschlichen, ersteres recht unspektakulär übrigens, aber „Good Times“ mausert sich dann wieder zu einem typischen ADTR-Songs mit poppigem Refrain und einer Wir-fahren-im-Cabrio-über-den-Highway-Mentalität.
Fazit: ADTR haben wie schon mit „What Separates Me From You“ ein recht klassisches Album eingespielt, das mit seinen High- und Lowlights leben muss. Immerhin muss man der Truppe lassen, dass sie ihrem Sound konsequent treu bleibt – 7,5 Punkte gibt es hierfür.