So viel momentan in der Welt auch schiefläuft – immerhin kann man seit diesem Jahr wieder auf Konzerte gehen und das ist ja schon mal viel Wert, allein um sich von all dem Mist abzulenken. Nicht verwunderlich, dass die Dichte an Auftritten sehr hoch ist (es muss schließlich einiges nachgeholt werden), sodass auch der Verfasser dieser Zeilen innerhalb von einer Woche gleich bei mehreren Konzerten am Start ist. An diesem Montagabend stehen im Hamburger Knust Wolves In The Throne Room auf dem Programm (plus Support), eine in jeder Hinsicht einzigartige Band, nicht nur wegen ihrer ungewöhnlichen autarken Lebensweise auf einer Farm irgendwo mitten in den USA, sondern vor allem wegen ihrer Herangehensweise an Black Metal, die wesentlich spiritueller ist als man es gemeinhin von dieser Musikart kennt. An sich sollte der Gig schon vor einem Jahr stattfinden – die Gründe für die Verschiebung müssen wohl kaum näher erläutert werden.
Stygian Bough
Als der Rezensent im Club ankommt, ist die erste Band Stygian Bough bereits seit schätzungsweise einer knappen halben Stunde am Musizieren. Man möge mir die Unvollständigkeit des Berichts verzeihen, aber die Akkreditierung wurde erst rund zwanzig Minuten (!) vor Beginn der Show bestätigt, sodass eine gewisse Unsicherheit bestand, ob man überhaupt vor Ort sein würde. Das Trio setzt sich aus Mitgliedern der Funeral-Doomer Bell Witch sowie der Folk-Combo Aerial Ruin zusammen, die bereits in der Vergangenheit gegenseitig bei ihren Bands in Form von Gastauftritten kollaborierten. Nun folgte also dieser größere Schritt, der das schlicht betitelte Debütalbum „Volume 1“ hervorbrachte.
Für Doom nicht ungewöhnlich hat die Truppe recht lange Songs im Repertoire – so besteht die letzte Viertelstunde aus lediglich einem einzigen Stück von 20 Minuten („The Unbodied Air“, dem Closer des Albums), bei dem mit My Dying Bride-artigen Doppelharmonien, sakraler Orgel, tiefen Growls, Zeitlupenbeats und schwermütiger Atmosphäre alles dabei ist, was das Doom-Herz begehrt. Besonders intensiv wird es in der Mitte des Epos, als Gitarrist und Sänger Erik Moggridge lediglich von Orgelklängen und spartanischer Gitarrenbegleitung untermalt clean singt und zeigt, dass er in diesem Bereich eine sehr schöne, einnehmende Stimme besitzt.
Für so manchen mag das etwas monoton erscheinen, denn Doom ist nun mal nicht jedermanns Sache, vor allem wenn man bedenkt, dass die Hauptband heute Abend eher mit Blastbeats operiert, aber erstens passen Stygian Bough atmosphärisch trotzdem gut ins Billing, und zweitens scheint es den meisten zu gefallen. Jedenfalls ist der Club bereits gut gefüllt; sogar die Empore oben ist geöffnet, was man nicht unbedingt ständig im Knust erlebt. Die Amerikaner holen sich entsprechend ihren verdienten Applaus ab. Starke Performance bei ordentlicher Lautstärke, wenn auch deutlich differenzierter als beim soundmäßig enttäuschenden Abschiedskonzert von Secrets Of The Moon am selben Ort einen Tag zuvor.