Mit jeder Menge Gegenwind sahen sich Threshold im März dieses Jahres konfrontiert, als sie für die Fanbasis völlig überraschend ihren so beliebten Frontmann Damian Wilson hinauswarfen – für viele Anhänger der englischen Progger ein Schock – und die Gründe sind bis heute eher spekulativer Natur, denn auch in unserem Interview mit Keyboarder Richard West im Rahmen des neuen Albums „Legends Of The Shires“ wollte dieser zu jenem Thema nicht recht mit der Sprache herausrücken. Trotz der etwas nebulösen Begleitumstände soll hier allerdings nicht unter den Tisch fallen, dass Neu- und gleichzeitig Altsänger Glynn Morgan auf dem neuen Threshold-Werk einen verdammt guten Job erledigt hat. Zu sehen, wie er sowohl das neue als auch das alte Material live bewältigt (und dies teilweise mit der Doppelbelastung Gesang/Gitarre, da ja auch Zweitgitarrist Pete Morten die Koffer packte), ist alleine schon Grund genug, die Band wieder mal on the road abzuchecken – von den Partystimmung verbreitenden zahllosen Ohrwürmern mal ganz abgesehen. Vorher jedoch bietet sich für Day Six und Damnation Angels noch die Möglichkeit, ihre Fanbase zu erweitern.
Day Six
Die vier Niederländer sind schon längere Zeit am Start, haben aber seit ihrer Gründung im Jahr 2002 einen eher unregelmäßigen Output – nachdem das Albumdebüt „Eternal Dignity“ bereits 2003 erschien, kam der Nachfolger „The Grand Design“ erst sieben Jahre später in die Verkaufsregale. Vielleicht einer der Gründe, weswegen das Quartett weiterhin ein Undergrounddasein fristet.
Allerdings ist auch die Mucke selbst alles andere als massenkompatibel – sogar für hartgesottene Progger ist das keine leichte Kost: allesamt sehr lange Stücke mit vielen unterschiedlichen Parts, die gerne mal den Jazz- und Fusionbereich streifen. Zweifellos interessante Musik, die man sich aber, wenn man die Band vorher nicht kannte, wohl lieber erst mal zu Hause ganz in Ruhe im stillen Kämmerlein anhören sollte, um die Strukturen richtig zu erfassen.
Trotzdem sind doch schon ein paar hundert Nasen am Start und diese reagieren positiv auf die Darbietung der Holländer, auch wenn man das sicher noch nicht den Gipfel der Euphorie nennen kann. Erfreulicherweise geht es heute tatsächlich mit der ersten Band um acht Uhr los und nicht früher – schlimm genug, dass man so etwas inzwischen schon lobend erwähnen muss, obgleich das eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Der Sound ist leider nicht sonderlich gut, der Gesang tönt fast die ganze Zeit zu leise und insgesamt ist die Chose etwas breiig, da gibt es jede Menge Luft nach oben.
Immerhin aber punktet der Vierer, der auf dieser Tour mit Desmond Robberegt als Keyboarder für den etatmäßigen Tastenmann Rutger Vlek angereist ist, weil letzterer Vater wird und daher zu Hause geblieben ist, mit der Ansage des Abends. Bekanntermaßen können viele unserer westlichen Nachbarn ziemlich gut Deutsch und so gibt auch Bassist und Co-Sänger Eric Smits eine Kostprobe seiner sprachlichen Künste. „Moin Moin Hamburg“, grüßt er die Zuschauer und erklärt bei der Ansage des nächsten Stücks, man habe dies extra für uns hier im Norden umbenannt in „Alles südlich der Elbe ist Norditalien“ – was beim Publikum sehr gut ankommt und für herzhafte Lacher sorgt.
Insgesamt ein solider Auftritt – ein paar mehr eingängige Hooks könnten der Band sicherlich nicht schaden, dennoch dürften sie einige neue Fans hinzugewonnen haben. Das neue Album ist noch nicht draußen, allerdings kann man es schon jetzt am Merchstand erwerben, wie Gitarrist und Sänger Robbie van Stiphout zum Abschied erklärt – tatsächlich sind die sympathischen Jungs kurze Zeit später dort auf einen kleinen Plausch anzutreffen.