Candlemass
Candlemass waren schon so oft weg vom Fenster und bis vor kurzem sah es erneut nicht rosig für die Doom-Metal-Vorzeigetruppe aus der schwedischen Hauptstadt aus. Bassist und Songwriter Leif Edling sieht sich aus Gesundheitsgründen bekanntermaßen leider schon seit Jahren nicht mehr in der Lage live aufzutreten und wird immer wieder von verschiedenen Tieftönern vertreten, und auch am Mikrofonposten gab es in der Vergangenheit jede Menge Querelen. Der nach dem Rauswurf von Robert Lowe live in den letzten Jahren häufig aushelfende Mats Levén ist inzwischen zum festen Mitglied aufgestiegen und soll bei den zahlreich dargebotenen Klassikern am heutigen Abend eine solide Leistung bringen.
Der Sound ist bedauerlicherweise nicht ganz ausgeglichen und gerade der Gesang den gesamten Gig über etwas zu leise. Erstaunt sein darf man indes über die Deutschkenntnisse des Frontmannes, die ein weitaus größeres Repertoire als das übliche „Hallo, danke, bitte, tschüß“ beinhalten. Doch hat Levén früher wohl mal recht intensiv Deutsch gelernt, wovon offenkundig eine ganze Menge hängen geblieben ist. So was kommt verständlicherweise gut an, wobei das Publikum schon nach „Born In A Tank“ ohnehin so aus dem Häuschen ist, dass bereits nach jenem ersten Song fleißig mitgesungen wird und Sprechchöre aufbranden.
Die Schweden beschränken sich hauptsächlich auf die ganz alten Werke, das Debüt „Epicus Doomicus Metallicus“ (1986), „Ancient Dreams“ (1988) und vor allem das dazwischen liegende „Nightfall“ (1987) stehen klar im Fokus. Ähnlich wie später bei Ross The Boss und Dirkschneider zeigt sich auch hier wieder einmal, dass das Metal-Publikum konservativer ist, als es manchmal zugeben möchte. Man schwelgt gerne in Erinnerungen und möchte am liebsten die alten Gassenhauer hören.
Es lässt sich ja auch nicht leugnen, dass sich gerade auf den alten Candlemass-Alben einige vorzügliche, erhabene Kompositionen wiederfinden, die nichts von ihrer Klasse eingebüßt haben, trotzdem wäre es der Abwechslung wegen vielleicht nicht verkehrt gewesen, auch die eine oder andere Nummer aus der Robert-Lowe-Ära auszupacken, an der ja beileibe nicht alles schlecht war. Den Zuschauern ist es egal, sie ergötzen sich an Hymnen der Marke „A Cry From The Crypt“, „Mirror Mirror“ oder „Crystal Ball“ und als mit dem traurigen, aber geradezu feierlichen „Solitude“ abgeschlossen wird, erreicht die Show einen beinahe zeremoniellen Charakter.
Insgesamt schon stark, was Candlemass hier anbieten und eine hörenswerte Reise in die Vergangenheit. Übrigens ist es nach 2003 (der ersten Ausgabe des Rock Hard Festivals) das zweite Mal, dass die Band bei diesem Event aufschlägt und für nicht wenige sind sie sicher der heimliche Headliner heute, auch wenn die Blues Pills zumindest nach Meinung des Verfassers dieser Zeilen anschließend ebenfalls einen tollen Auftritt hinlegen.
Setlist:
Born In A Tank
Bewitched
Dark Reflections
Gothic Stone
The Well Of Souls
A Cry From The Crypt
Dark Are The Veils Of Death
Under The Oak
At The Gallows End
Mirror Mirror