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Porcupine Tree, Katatonia im Konzert (Bremen, Oktober 2009)

Unprofessionelle Organisation schmälert einen im Prinzip genialen Abend

Mussten früher ran als vorgesehen: Katatonia

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Porcupine Tree und Katatonia zusammen auf der Bühne – was für ein außergewöhnlich grandioses Package. Ein Event, auf den wir uns schon seit Monaten gefreut haben. Porcupine Tree selbst sind ohnehin schon ein Garant für qualitativ hochwertige Konzerte, da diese dermaßen gut vorbereitet sind und professionell durchgeführt werden, dass man niemals enttäuscht werden kann. Doch dann noch die Schweden von Katatonia dazu, deren schwermütige, traurige Musik sich doch recht gut mit dem ebenfalls nicht gerade fröhlichen Sound der Engländer ergänzen sollte – das ist auch für einen Hamburger ein Grund, mal einen Abstecher nach Bremen zu machen.

Der Gig im Bremer Aladin ist nämlich der einzige in Deutschland, den Katatonia im Vorprogramm von Porcupine Tree absolvieren – das neue, Anfang November erscheinende Album „Night Is The New Day“ wird wohl erst im nächsten Jahr mit einer Headliner-Tour ausgiebig promotet, heute jedenfalls gibt es davon lediglich ein Stück zu hören.

Aber der Reihe nach: Nachdem man diesem exklusiven Ereignis so lange entgegen fieberte, es endlich so weit ist und man es kaum erwarten kann, folgt, kaum, dass es losgeht, die erste große Ernüchterung – erstaunlicherweise genau aus dem Grund, dass es überhaupt losgeht. Viel zu früh nämlich. Auf den Eintrittskarten, sämtlichen Plakaten und der Website des Veranstalters ist eindeutig vermerkt, dass um 19 Uhr Einlass ist und das Konzert um 20 Uhr anfängt. Doch wir sind gerade drinnen angekommen und haben noch nicht mal unsere Jacken abgegeben, da beginnen Katatonia bereits ihren Set mit „Ghost Of The Sun“.

Einem verwirrten Blick auf die Uhr folgt ein ungläubiges Hochziehen von Schultern und Augenbrauen: Es ist Punkt sieben, der Club ist noch längst nicht voll, jede Menge Leute stehen noch draußen beziehungsweise in der Schlange und einige sind noch nicht einmal angekommen, weil ja keiner eine Ahnung hatte, dass Katatonia bereits eine Stunde vor dem eigentlichen Beginn loslegen. Wer immer für diese unglaubliche Schweinerei verantwortlich ist, sollte sich schämen. Es kann nicht sein, eine Band einfach so viel früher auftreten zu lassen, ohne dass die Fans, die fast 40 Euro bezahlt haben, um zwei Gruppen zu sehen, davon in Kenntnis gesetzt werden – mal abgesehen davon, dass es sich hier noch dazu nicht um irgendeine x-beliebige lokale Vorband handelt, sondern um eine etablierte, bekannte Metalband. Solche Dreistigkeiten scheinen in der letzten Zeit allerdings Überhand zu nehmen, immer wieder stößt man auf ähnliche Umstände. Da lobe ich mir die Siebziger Jahre, da haben die Bands zwar alle Drogen genommen und waren vielleicht benebelt, aber wenigstens traten sie dann eine Stunde später als früher auf.

Hinzu kommt auch noch, dass die Schlange sich nicht sonderlich schnell bewegt, weil alle Ankömmlinge völlig überzogen gefilzt werden – wahrscheinlich auf Anordnung von Porcupine Tree, die ebenso veranlasst haben, dass man keine Fotos machen darf, nicht einmal mit einem Handy. „Wer das trotzdem tut, fliegt sofort raus“, verkündet eine Ordnerin bereits draußen lapidar. Ich verstehe, dass eine Band mediale Kontrolle haben will und keinen Bock darauf hat, dass jedes Konzert von ihr bei YouTube auftaucht, trotzdem muss man sich schon die Frage stellen, ob das nicht ein wenig übertrieben ist...

Katatonia

Doch wie dem auch sei: Da wir erfahren haben, dass das Konzert bereits um 22:30 beendet sein soll, ahnen wir – da wir, wie erwähnt, sowieso Erfahrung mit derlei Dingen haben –, dass Katatonia früher als angekündigt spielen werden und sind zum Glück rechtzeitig vor Ort.
Das schwedische Quintett hat mehr verdient als die – logischerweise – noch ziemlich überschaubare Masse an Leuten, die sich im wirklich sehr hübsch aussehenden, Jugendstil-Flair atmenden Aladin vor der Bühne versammelt haben und dürfte dementsprechend auch nicht gerade glücklich darüber sein, schon eine Stunde eher ran zu müssen. Jonas redet wie immer nicht sonderlich viel und wirkt fast schüchtern, die Setlist allerdings spricht für sich.

Nach erwähntem „Ghost Of The Sun“ mit seinem intensiven Mitgröl-Chorus, den Anders „Blakkheim“ Nyström wie immer mit markerschütternden Schreien unterstützt, gibt es mit dem trotz des Titels gar nicht sommerlich anmutenden „July“ und dem wehmütig-gänsehäutigen „My Twin“ Stücke von „The Great Cold Distance“ zu hören, aus „Viva Emptiness“ außerdem noch „Criminals“ und „Evidence“: Allesamt Highlights aus den neueren Alben von Katatonia, die wirklich immer besser und besser geworden sind, was die Qualität ihres Songwritings betrifft. 

Das soll natürlich nicht heißen, dass das alte Material schlecht wäre, ganz im Gegenteil: „Teargas“ vom 2001 erschienenen „Last Fair Deal Gone Down“ und „I Am Nothing“ vom zwei Jahre davor veröffentlichten „Tonight’s Decision“ sind beste Beweise dafür, dass die Schweden schon immer gut waren – nur werden sie halt von Album zu Album einfach immer noch besser. Dass auch die neue Scheibe ganz stark geworden ist, wird wohl jeder zugeben, der „Night Is The New Day“ bereits gehört hat, wer dies allerdings noch nicht getan hat, kann heute leider lediglich erahnen, dass auch auf dieser Platte wieder großartige Songs enthalten sind, denn ausgerechnet bei „Forsaker“, das einen Vorgeschmack darauf liefern soll, läuft irgendwie gar nichts rund. Der Sound ist ohnehin schon eher durchschnittlich, mal klingen die Gitarren etwas zu matschig und der Gesang zu leise (wenngleich man auf jeden Fall schon Schlimmeres erlebt hat), doch beim Opener des neuen Albums schafft es Anders’ Roadie, ihm eine offenbar falsch gestimmte Gitarre auf die Bühne zu bringen, was in totalem Chaos endet: Jonas scheint in der falschen Tonart zu singen, dabei ist es die Klampfe, die danebenliegt, was sich spätestens in dem Moment zeigt, als man sieht, dass Anders gezwungen ist, mitten im Stück seinen Prügel umzustimmen. Später flachsten wir dann auch gleich, dass das Erste, was Anders nach der Show täte, wohl wäre, seinen Roadie zu feuern...

Insgesamt aber ein solider Auftritt von Katatonia, die trotzdem irgendwie live nie so ganz den unfassbar guten Sound ihrer Studioalben zu reproduzieren in der Lage zu sein scheinen – auch wenn ich die Schweden zugegebenermaßen auch erst zum zweiten Mal gesehen habe. Die Songauswahl konnte sich hören lassen, endete nur leider etwas abrupt. Nach „Follower“ erklärt Jonas plötzlich, der Auftritt sei beendet und das sei der letzte Song gewesen – obwohl mit „In The White“ eigentlich noch einer auf der Setlist stand. Viel Verzögerung durfte man sich wohl eh nicht leisten, weil abends noch eine sogenannte Ü-30-Disco ansteht. Porcupine Tree sollen später noch mitten im Set eine Pause einlegen, Katatonia fangen 60 Minuten früher an und dürfen ihr lediglich 40 Minuten umfassendes Programm dennoch nicht ausspielen. Da kann man sich dann wieder die Frage stellen, wer so dämlich plant, am gleichen Abend noch einen Event zu starten, der unmittelbar folgen soll...

Setlist:

- Ghost Of The Sun
- July
- Criminals
- My Twin
- Evidence
- Teargas
- I Am Nothing
- Forsaker
- Follower

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