Opeth scheinen die Große Freiheit 36 zu lieben. Inzwischen ist es bereits das dritte Gastspiel in Hamburg hintereinander, bei dem die Band in diesem Club aufschlägt. Schön ist er zweifelsohne und die Akustik ist auch sehr gut – wenn nur diese ganzen verflixten Kleinigkeiten nicht wären. Es ist fast ausverkauft und bei angeblich rund 1500 Leuten Kapazität kann es nicht sein, dass die Garderobe winzig klein ist und von zwei Personen bedient wird. Noch dazu ist sie total ungünstig nah am Eingangsbereich und direkt neben dem Merchstand platziert – klar, dass sich die Menschen auf diese Weise drängeln und es kaum ein Stück vorwärts geht. Auch der Preis von 3,30 Euro für ein 0,3er Bier ist eine Unverschämtheit, außerdem wäre eine Klimaanlage einzubauen vielleicht mal eine Maßnahme, denn wie immer in dieser Location gleicht der Laden, sobald er nah an der Ausverkauft-Marke kratzt, einer Sauna.
Heute geht es schon um halb sieben los, was man an einem Samstagabend aber ja durchaus als legitim bezeichnen darf, zumal es eigentlich schön ist, wenn man mit einem Blick auf die Uhr nach dem Konzert feststellt, dass es noch einigermaßen früh ist und man sich bei einem Bierchen danach noch gemütlich in eine Runde setzen und über das Gesehene reflektieren kann.
Alcest
Dass ausgerechnet Alcest zusammen mit Opeth auf Tour gehen, ist so verwunderlich nicht, denn die Franzosen um Bandkopf Neige waren erst kürzlich dabei, einen ähnlichen Weg wie die Schweden einzuschlagen: Mit dem in diesem Jahr erschienenen „Shelter“ wurden die Metalelemente zum Entsetzen nicht weniger Fans fast komplett gekappt, wie es vor drei Jahren auch Mikael Åkerfeldt und Co. mit „Heritage“ taten. Statt eines Wechselbads der Gefühle zwischen post-rockigen und schwarzmetallischen Elementen gibt es nun nur noch avantgardistisches Post-Rock-Zeug auf die Ohren – ob man das nun als künstlerische Weiterentwicklung oder Ausverkauf bezeichnen will, muss jeder selbst entscheiden.
Fakt ist, live macht sich das Ganze nicht schlecht, auch deswegen, weil der Sound hier und heute wesentlich besser ist als beim letzten Mal, wo der Verfasser Alcest live erlebte – damals im Vorprogramm von Katatonia Ende 2012. Das neue Material steht problemlos neben dem alten, wobei allerdings auch lediglich Songs von „Shelter“ und dessen Vorgänger „Les Voyages De l’Âme“ gespielt werden, und bereits das 2011er Werk tönte sanfter als die ganz frühen Werke der Franzosen. Somit fällt es gar nicht so richtig auf, was alte und was neue Stücke sind, bis auf die Tatsache, dass Neige bei einigen Songs zwischendurch auch Black-Metal-Screams einstreut. Insgesamt ist das Ganze ein herrlicher Trip, der seine Wirkung durchaus so richtig entfaltet, wenn man sich mit geschlossenen Augen ganz den Klängen hingibt.
Die Jungs dürfen sich immer euphorischerer Reaktionen aus dem Publikum erfreuen, zumal der Laden ordentlich voll geworden ist. Neiges Ansagen sind kaum verständlich und ziemlich schüchtern und leise vorgetragen, aber der Auftritt selbst kann heute absolut überzeugen. Sehr trippy, sehr intensiv – allerbeste Kiffermucke mit dem fantastischen „L’Eveil Des Muses“ (diese Gitarren!) als hervorstechendes Highlight; die Zugaberufe nach dem letzten Song „Délivrance“ (auch witzig, dass heute zwei Bands spielen, die einen Song desselben Titels im Gepäck haben) sprechen für sich und haben zweifellos ihre Berechtigung.
Setlist:
Opale
Là Où Naissent Les Couleurs Nouvelles
Autre Temps
L’Eveil Des Muses
Percées De Lumière
Délivrance