Mit „Heart Like A Grave“ sind Insomnium nach der Ein-Track-Platte „Winter’s Gate“ wieder zum konventionellen Albumformat zurückgekehrt. Das Line-up hat man mittlerweile auf fünf Mann erweitert, indem mit Ex-Sonata Arctica-Gitarrist Jani Liimatainen ein dritter Axtschwinger engagiert wurde – dies allerdings hauptsächlich deswegen, weil Ville Friman wegen seiner Tätigkeit als Dozent an der Universität von York schlichtweg kaum noch Zeit hat, ständig auf den Bühnen dieser Welt zu stehen. Er wirkt zwar noch in der Band mit, hat jedoch – als früherer Hauptsongschreiber – auf der neuen Scheibe nur eine Komposition beigetragen und ist auch nicht auf dieser Tournee anwesend. Nachdem man lange Zeit zwei Villes an der Gitarre hatte (gemeinsam mit Ville Friman bildete ja Ville Vänni von 2001 bis 2011 immerhin zehn Jahre lang das Gitarrentandem), ist nun also zumindest live plötzlich keiner mehr dabei. Die Hamburger Markthalle ist die drittletzte Station der Rundreise, somit sollte die Formation top eingespielt sein, dennoch ist es natürlich eine interessante Frage, wie gut sich Jani inzwischen mit dem Rest der Band eingegroovt hat.
Als Support haben die Finnen die Death Metaller The Black Dahlia Murder und ihre Landsleute von Stam1na dabei – letztere hatten sie bereits 2014 auf ihrer „Shadows Of The Dying Sun“-Tour am Start und dass diese Truppe als Anheizer gut funktioniert, haben sie damals schon bewiesen.
Stam1na
Langsam fragt man sich, ob man sich im falschen Film befindet: Erneut wird früher angefangen als ursprünglich angekündigt – als meine Wenigkeit um viertel vor acht die Halle betritt, ist der Gig bereits in vollem Gange und der Laden ist sogar erstaunlich gut gefüllt, dafür, dass es hieß, um 20 Uhr sei Beginn. Ich könnte kotzen! Deswegen gibt es leider auch keine Fotos dieser verrückten Finnen, die mit ihrer abgefahrenen, sehr eigenen Thrash-Spielart, gewürzt mit Hardcore-, Prog-, Death- und Alternative-Elementen und Texten in ihrer Landessprache dieses Mal offenbar besser ankommen als vor ein paar Jahren – dabei ist das im Oktober letzten Jahres veröffentlichte neue Album „Taival“ nicht unbedingt leichtere Kost als die Outputs davor. Wie dem auch sei – über mangelhafte Stimmung kann sich der Fünfer jedenfalls nicht beklagen.
Die Jungs tun selbst alles dafür, dass selbige möglichst obenauf bleibt – animieren das Publikum gestenreich, propellerheadbangen wie die Bekloppten, zeigen sich redselig, sehr gut gelaunt und können mit ein paar deutschen Vokabeln glänzen. Das mag nicht mehr sein als „Danke“, „Bitte“ und ähnliches (da hat man in den Jahren jetzt nicht so viel dazugelernt, ohne dass dies ein Vorwurf sein sollte), aber unterhaltsam und irgendwie niedlich ist das zweifellos. Man erklärt, einige Leute würden ihre Musik als „Special Metal“ bezeichnen, was sie anscheinend gar nicht so übel finden, da es bei dem nicht immer leicht konsumierbaren Mix schließlich schwer genug sei, eine griffige Bezeichnung für das Dargebotene zu finden. Außerdem erkundigt sich Frontmann Veli Antti Hyyrynen, ob denn heute Abend auch Finnen anwesend seien und es melden sich tatsächlich ein paar Leute. Des Weiteren sind vorne ein paar Fans zu sehen, die eine finnische Flagge schwenken, welche später bei Insomnium noch mehrfach zum Einsatz kommen soll.
„Taival“ stellte bereits das achte Studioalbum dar und trotz finnischer Texte (man versuche sich nur mal an der Aussprache von „Kannoin Sinut Läpi Hiljaisen Huoneen“ – bei der Ankündigung dieses Stückes müssen viele gar auflachen: man ist immer wieder fasziniert ob dieser zwar coolen, aber doch völlig absurden Sprache) und teils schrägen Materials hätten Stam1na wahrlich mehr verdient als immer nur die erste Vorband zu sein, die mit 35 Minuten Spielzeit abgespeist wird. Besser gesagt, sie verdienen es gerade wegen dieser exotischen Note, immerhin sind sie sehr eigenständig und verstehen es, bei ordentlich knallendem Sound Ärsche zu versohlen. Da kommen die Zuschauer der Bitte, nach dem Konzert zum Merchstand zu kommen, um Shirts und Platten zu kaufen („wir wollen nichts wieder mit zurück nach Finnland nehmen“) gerne nach, noch dazu, wenn man mit so einem netten „Tschüß!“ von jedem einzelnen Bandmitglied verabschiedet wird. Sympathische und witzige Truppe, die heute übrigens ihren letzten Auftritt der Tour absolviert, die letzten beiden Konzerte der Tour in Luxemburg und Antwerpen bestreiten Insomnium und The Black Dahlia Murder allein.