Sodom
Wie sehr Sodom jung und alt auf Trab halten können, haben sie schon im Frühjahr zur Tour zum neuen Album in der Zeche Bochum angezeigt – und heute Abend ist die andere, ebenso mit reichlich Metal-Geschichte vollgestopfte Zeche an der Reihe. Viele Fans jenseits des 29-Jahre-Pegels stehen dort, wo sie in der Vergangenheit wohl schon des Öfteren vor Begeisterung abfeierten, und vielleicht war auch der eine oder andere von 25 Jahren dabei, als Sodom zum ersten Mal in der Zeche Carl gastierten.
Wie schon auf der Tour starten Sodom mit „In War And Pieces“, um im Anschluss die Old-School-Fans mit „Sodomy And Lust“ weiter anzufüttern – ein fetter Moshpit bahnt sich mit schierer Urgewalt seinen Weg durch die Halle, und schon früh kleben stark verschwitzte Haare nicht nur in fremden Gesichtern, sondern mancher musste seine Außenpelle auf einen Hämatom-Modus umschalten – vor der Bühne geht es richtig zur Sache.
Doch der Abend entwickelt auch eine seltsame Eigendynamik – dass hatte nichts mit der Ansage „hier sind die richtigen Metalfans und nicht bei Amon Amarth“ zu tun, aber die Reaktion der Fans überraschte, als zum ersten Male an diesem Abend die typischen blau-weißen Schmähgesänge über den ungeliebten Reviernachbarn aufkommen. Bernemann macht dann bei einer Wiederholung zumindest deutlich, dass doch endlich wieder Mucke gezockt und nicht über Fußball gequatscht werden solle – Recht hat, und um da keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, unterbricht „Outbreak Of Evil“ jegliche Interventionsmöglichkeit.
Doch Sodom spulen nicht einfach ihr Standardprogramm herunter – nachdem der Bogen zur 25-Jahre-Vorzeit-Show mit dem damals schon gespielten „Proselytism Real“ ausgereizt ist, reagiert das Trio dann auf die heranschwebende Gummipuppe. „Makka, achte einfach auf den Tempowechsel, der Rest kommt von allein“, und schon schreddern sie zur Freude der Fans das geforderte „Die Stumme Ursel“ – sogar Andy Brings, der sich auch heute noch als Sodom-Fan outet, sprintet auf die Bühne, und nach einigen gesungenen Wortfetzen springt er waghalsig in die auffangbereiten Arme der feiernden Menge zurück. Ebenso unplanmäßig kommt der laut umjubelte „Wachtturm“ hinterher.
„Wortmord haben schon eine originelle Version davon gespielt“ – natürlich ist „Blasphemer“ gemeint und kommt im Original einfach wesentlich druckvoller und besser, der kleine Manoli darf beim von ihm selbst angekündigten „Agent Orange“ live seine Luftgitarrenkünste links am Bühnenrand demonstrieren und wird mit einem BVB-Hurensöhne ausgekontert – eine Show, die wahrlich mit reichlich Lokalkolorit gezeichnet ist – sogar der Kollege von der Tagespresse scheint die Seriosität seines Blattes mit feinem Muschifingern bei der stummen Ursel unterstreichen zu wollen.
Zur Zugabe geben die Fans nochmals alles, die Stagediver springen, die Moshcrew pogt wie irre, die HeadbangerInnen schrauben sich wie wild die Birne ab – in dieser Verfassung sind die Thrash-Urgesteine einfach nicht zu schlagen – denn Altbewährtes und Neues sind bei den Gelsenkirchenern eine unschlagbare Mischung.
Setlist:
In War And Pieces
Sodomy And Lust
M-16
Outbreak Of Evil
The Saw Is The Law
Proselytism Real
The Art Of Killing Poetry
Die Stumme Ursel
Wachtturm
City Of God
Eat me!
The Vice Of Killing
Blasphemer
Agent Orange
Sodomized
Ausgebombt
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Remember The Fallen
Bombenhagel