Spötter mögen behaupten, Blackfield seien überhaupt nicht mehr The-Pit.de-kompatibel, da das Ganze doch schon stark in Richtung Pop tendiert, doch wen kümmert die Bezeichnung der Musikrichtung, wenn die Musik selbst einfach nur gut ist? Wir reden hier schließlich nicht von kommerzieller, seelenloser Mainstream-Charts-Dudel-Mucke, sondern von Musik, in der Herzblut steckt und die von Künstlern verfasst wurde, die richtig was drauf haben: Aviv Geffen ist in seiner israelischen Heimat ein Riesenstar und dass Steven Wilson ein Genie ist, muss wohl nicht näher erläutert werden. Allein die Tatsache, dass er der Kopf von Porcupine Tree ist, einer der innovativsten Prog-Combos unserer Zeit, rechtfertigt bereits die Existenz von Blackfield in der The-Pit.de-Datenbank.
Nach vier Jahren hat das ungewöhnliche, aber kongeniale Duo sein drittes, „Welcome To My DNA“ betiteltes Album herausgebracht, das diesmal beinahe von Geffen im Alleingang komponiert wurde, weil Wilson offenbar einfach keine Zeit dafür fand, vielbeschäftigt, wie er ist. Wer die DVD „Live In New York City“ von Blackfield kennt, der konnte bereits einen Einblick gewinnen, dass das Publikum bei diesem Projekt total bunt durcheinander gewürfelt ist – das ist auch heute der Fall: Metaller, Rocker, Normalos, jung und alt tummelt sich um kurz vor acht, als die Pforten öffnen sollen, vor der Markthalle. Kein Wunder, wegen der poppigen Attitüde kommen auch eher dem Mainstream zugeneigte Leute, und die anderen kennen die Band natürlich wegen der Verbindung Wilsons zu Porcupine Tree oder auch zu Opeth.
Mati Gavriel
Die Markthalle hat sich am späten Abend noch nicht ganz gefüllt und die bereits eingetroffenen Blackfield-Jünger warten gespannt auf das bei den meisten wohl völlig unbekannte Vorprogramm. Pünktlich gegen neun Uhr betritt dann ein kleiner Mann mit Zylinder die Bühne und muss sich der großen Aufgabe stellen, das Publikum für den Headliner aufzuwärmen. Die Rede ist von einem Mann namens Mati Gavriel, der dank des deutschen Fernsehens gar nicht mal so unbekannt sein sollte. Der gebürtige Israeli, der zur Zeit in seiner Wahlheimat Berlin in Deutschland residiert, hatte es nämlich bei der allerersten deutschen Staffel der Casting-Show X-Factor von und mit Sarah Connor und Vox zu einem bemerkenswerten dritten Platz gebracht und ist seither dabei, auf diesem mehr oder weniger großem Erfolg eine Gesangskarriere aufzubauen. Doch auch wenn es im Publikum vielleicht den ein oder anderen Skeptiker zu finden gibt, bei den ersten Tönen wird allen, die ein wenig Ahnung von Musik haben, klar, dass hier ein waschechtes Talent auf der Bühne steht. Die außerordentliche Stimme schwebt förmlich über der Markthalle und zieht einen in den Bann, indem Grenzen zwischen weiblicher und männlicher Stimmlage auf beeindruckende Art und Weise weitestgehend aufgehoben werden.
Die Musik des Landsmanns von Blackfield-Hälfte und Orient-Superstar Aviv Geffen lässt sich dabei durchaus mit der poppigen Seite des Headliners vergleichen, so handelt es sich bei den Songs des drittplatzierten Casting-Talents um einen angenehm schwebenden, zarten, leicht melancholischen Mix, der sich deutlich von dem sonstigem R’n’B-/Electro-Gedöns der Charts abhebt und auch keinen Abklatsch des typischen, oft kopierten Britpop-Sounds darstellt. Vor allem das zeitweise groovige „Underwater“, das balladige „Waltz In My Head“ und besonders der Titeltrack der Tour des Sängers, „Eskimos & Butterflies“, sorgen für einen Ansatz an Gänsehaut. Zwar sieht man dem Berliner an, dass er noch nicht vollends in der professionellen Musik angekommen ist, aber mit dem eindrücklich unter Beweis gestellten Talent und der außergewöhnlichen Stimme sollte das eigentlich nur eine Frage der Zeit sein. Die Menge bekam also einen noch nicht ganz geschliffenen Rohdiamanten zu sehen, der Lust auf mehr machte und ist nun mit guter Laune gespannt auf den Headliner des Abends. Mati Gavriel kann man an dieser Stelle nur alles Gute wünschen und hoffen, dass Talent heutzutage noch etwas wert ist in der Musikindustrie.