Am 8. September veröffentlichten die englischen Progger von Threshold ihr elftes Studioalbum „Legends Of The Shires“, eine Konzeptplatte, bei der es sich gleichzeitig um den ersten Doppeldecker in der Karriere der Briten handelt. Zudem tauschte die Formation Anfang des Jahres völlig überraschend ihren bei den Fans so beliebten Frontmann Damian Wilson gegen Glynn Morgan aus, der ebenfalls schon einmal bei der Band gesungen hatte. Auch Gitarrist Pete Morten erklärte vor einigen Monaten seinen Ausstieg. Es gab also viele offene Fragen und viel zu besprechen, sodass The-Pit.de die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Keyboarder und Hauptsongwriter Richard West gerne wahrnahm. Es ist stürmisch an diesem Mittwochabend in Hamburg, aber die Leitung nach England hält nach anfänglichen Problemen glücklicherweise doch durch.
The-Pit.de: Hi Richard, wie geht es dir so?
Richard: Mir geht’s gut, danke. Ich warte auf die Chartsergebnisse am Freitag und bin schon ganz gespannt zu erfahren, wo wir mit unserem neuen Album eingestiegen sind (lacht). (In Deutschland soll es immerhin Platz 13 sein, im Vereinigten Königreich reicht es lediglich zu Platz 90; Anm. d. Verf.)
The-Pit.de: Schön, dass wir erneut miteinander sprechen können, wir sind uns ja 2014 schon einmal begegnet im Rahmen eures Konzerts in der Hamburger Markthalle. Damals hatten wir festgestellt, dass die Band endlich ein stabiles Line-up besitzt, das hoffentlich noch lange hält. Wie sich herausgestellt hat, war dies dann doch nicht von der erhofften Dauer. (Richard lacht bereits.) Viele Fans waren ob des Sängerwechsels überrascht, haben das nicht recht verstanden und es gab große Diskussionen. Zumal es laut Damian keine einvernehmliche Entscheidung war, allerdings hast du danach etwas in der Art verlauten lassen, dass die Vibes nicht mehr stimmten. Auch wenn du die Frage jetzt sicherlich schon oft beantworten musstest, stelle ich sie noch einmal: Was war da jetzt wirklich los?
Richard: Klar, die Frage hab ich natürlich erwartet… Es wird bald Schnee von gestern sein und keiner wird ein Problem haben, darüber zu reden – momentan aber fällt es noch schwer darüber zu sprechen, ich hab da ehrlich gesagt auch nicht so die Muße zu (lacht). Eines Tages wird die Wahrheit herauskommen, aber in der Zwischenzeit machen wir einfach weiter und sind sehr glücklich, Glynn zurück in unseren Reihen zu haben. Was interessant ist: Als Mac (Andrew MacDermott; früherer Sänger, der 2011 überraschend verstarb; Anm. d. Verf.) uns nach „Dead Reckoning“ 2007 verließ, arbeitete ich gerade mit Damian an anderen Projekten. Es lief gut, wir waren gut befreundet und ich wusste, er hatte Interesse an Threshold. Von daher war es eine logische Entscheidung, ihn zurückzuholen, als Mac ausstieg, denn wir hatten ein wunderbares Arbeitsverhältnis. Diesmal war es praktisch genau dieselbe Situation: Ich arbeitete mit Glynn an zwei oder drei verschiedenen Projekten, wir waren gut befreundet und kamen gut voran – von daher war es auch diesmal eine logische, einfach Entscheidung. Das ist das Gute bei Threshold: Auch wenn wir es nicht lange schaffen, ein Line-up konstant zu halten, konnten wir immer locker und ohne große Pausen weitermachen.
The-Pit.de: An welchen anderen Projekten habt ihr denn gemeinsam gearbeitet?
Richard: Glynn hat für meine andere Band League Of Lights 2012 Gastgesang für einen Song namens „Forever“ aufgenommen. Zuletzt hat er an einem Projekt mit einigen bekannten amerikanischen Prog-Musikern gearbeitet. Ich weiß nicht, wie genau da der Status aussieht, aber die Songs klingen gut.
The-Pit.de: Für Außenstehende sieht es, was den Sänger-Posten bei euch angeht, bestimmt etwas verwirrend aus… Wieso ist Glynn denn damals nach „Psychedelicatessen“ überhaupt gegangen?
Richard: Oha, das ist so lange her… Und ich war damals auch noch nicht so stark involviert wie heute, ich war halt einfach der Keyboarder. Doch von dem, woran ich mich erinnere, hing es einfach damit zusammen, dass die musikalischen Vorstellungen unterschiedlich waren. Glynn wollte in eine härtere Richtung gehen, Threshold in eine progressive. Aber ich fand es schade, ihn ziehen zu lassen, denn er hat eine fantastische Stimme. Das Schöne jedoch ist: Wir können uns glücklich schätzen, wir haben mit Glynn, mit Damian, mit Mac gearbeitet und das sind alles ganz großartige Sänger. Wer hat schon das Glück, drei so tolle Sänger in der Band gehabt zu haben?
The-Pit.de: Da ist was dran. Ich persönlich brauchte dennoch einige Zeit, um mich daran zu gewöhnen, dass jetzt eben wieder Glynn bei euch singt. Inzwischen aber denke ich, dass ihr wieder mal ein tolles Album fabriziert habt, vor allem vor dem Hintergrund, dass es über 80 Minuten lang ist und ihr das Qualitätslevel über die gesamte Spielzeit trotzdem ziemlich weit oben halten könnt.
Richard: Vielen Dank. Der Grund dafür, dass es über 80 Minuten lang ist, liegt darin, dass wir schlicht 80 Minuten Musik hatten, die wir als großartig empfanden. Wir fingen an zu schreiben und wollten auch von Anfang an wieder progressiver agieren als auf dem letzten Album. Irgendwie beflügelte uns das beim Komponieren und plötzlich hatten wir einen großen Haufen an Musik. Deswegen machte es Sinn, ein Doppelalbum herauszubringen.