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Steven Wilson im Interview (November 2011)

Ertrinken in Information

The-Pit.de: Ich denke, gerade King Crimson hört man auf „Grace For Drowning“ schon klar heraus. Kein Wunder, wo du doch gerade den gesamten King-Crimson-Backkatalog remixt. Hat der Titel „Grace For Drowning“ eine besondere Bedeutung?

Steven: Die hat er selbstverständlich. Die Idee zu „Grace For Drowning“ kam zunächst einmal daher, dass wir im 21. Jahrhundert alle in gewisser Weise ertrinken, was Informationsüberflutung anbelangt. Jeden Tag werden wir permanent von News, Politik, Wirtschaft, Musik, Film, Pornographie, Skandalen - was auch immer es ist - bombardiert. Und das auf 300 Fernsehkanälen, I-Phone-Messages usw.; ich denke, es passiert leicht, von diesem Ansturm an Information abgelenkt zu werden, so dass man eigentlich nie Zeit dafür hat, irgendetwas davon zu schätzen. Und ich als Musikliebhaber weiß, dass es heutzutage leider nur noch sehr wenige Leute gibt, die sich mit Musik in der Form befassen, wie man es in den Siebzigern und Achtzigern getan hat, als man sich ein Album über einen längeren Zeitraum immer und immer wieder angehört hat. Heute ist Musik so leicht zugänglich und man kann sich Alben einfach downloaden oder den gesamten Led-Zeppelin-Backkatalog für 3 Pfund pro CD kaufen – es ist so viel einfacher, dass die Leute überhaupt keine Zeit mehr dafür finden, Musik zu absorbieren. Die Idee des Ertrinkens ist für mich in diesem Einfall, überlastet und gestresst zu sein von diesem ewigen Fließen an Informationen: News, Politik, Entertainment usw. Und die Idee mit der Anmut („Grace“) ist so eine Art Versuch oder die Notwendigkeit, einen Zustand des Friedens und der Ruhe darin zu finden. Oder an einen Punkt zu kommen, an dem man sagt: „Okay, da geht andauernd jede Menge Bullshit um mich herum ab, aber das ist es, was ich jetzt fühle, was ich brauche, das ist mein Platz.“ Und ich glaube, ich selbst habe das vor einigen Jahren erlebt, denn ich bin aus der Stadt weg, ich lebte 20 Jahre in London, und aufs Land gezogen, das erste Mal seit Langem also, und plötzlich fühlte ich diesen Seelenfrieden, und das wurde für mich dann diese Idee der Anmut inmitten des Ertrinkens. Und ich ertrinke immer noch, denn wir alle tun das, aber das war diese Metaphorik für mich und ich denke, man hört das auch in der Musik. Diese Musik hat ein organischeres und spirituelleres Feeling, auf jeden Fall mehr als das letzte Album – oder möglicherweise sogar als jedes Album, das ich zuvor gemacht habe.

The-Pit.de: Du arbeitest schon seit längerer Zeit mit Lasse Hoile zusammen, der auch diesmal wieder das Booklet mitgestaltet hat. Es gibt da dieses eine, recht verstörende Promofoto mit den beiden Puppen – was soll denn das bedeuten? Und was fasziniert dich generell an Lasse Hoiles Kunst?

Steven: Ja, ich arbeite sehr eng mit Lasse zusammen, die meisten der Ideen kommen allerdings von mir, zumindest zu Anfang. Du meinst sicher dieses Bild, wo ich auf dem Sofa sitze und links und rechts von mir Schaufensterpuppen stehen. Das war mein Konzept, aber Lasse ist fantastisch darin, derartige Ideen zu übernehmen und umzusetzen. Ich hatte diese Idee für den Song „Index“, und das Bild, das du angesprochen hast, stammt aus dem Video dazu. Und „Index“ handelt von einem Typen, der Schmetterlinge sammelt, sie tötet und unter Glas steckt. Schließlich überträgt er dieselbe Philosophie, mit der er diese Schmetterlinge sammelt, auf Menschen. Er ist ein sehr krankes, verhaltensgestörtes Individuum. Das Stück basiert auf dem Buch „The Collector“ von John Fowles, in dem es um einen Killer geht, der Frauen als Objekte betrachtet, die gefangen und ausgestellt werden müssen – ein sehr verstörendes Buch, eine sehr verstörende Idee, und das mit mir umrahmt von den Schaufensterpuppen sollte den Eindruck von jemandem vermitteln, dem die Wärme und Emotionen, die wahre Menschen haben, fremd sind. Und Lasse ist wie gesagt ein Genie darin, solche Ideen von mir umzusetzen.

The-Pit.de: Zweifellos haben seine Fotos einen gewissen Stil.

Steven: Ja. Psychedelisch, surreal, losgelöst – ich liebe es und ich denke, wir beide teilen das. Die Musik hat die Qualität und die Fotos reflektieren das perfekt. Es gibt da eine Symmetrie und die passt hervorragend.

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