Der Queensrÿche-Fan ist leidgeprüft. Nicht nur, dass die Veröffentlichungen seit „Promised Land“ kontinuierlich schlechter geworden sind und dieselbe Band, die die Klassiker „The Warning“, „Rage For Order“, „Operation: Mindcrime“ und „Empire“ erschaffen hat, seit Jahren kein gutes Album mehr herausgebracht hat – nun gab es auch noch die Trennung von Sänger Geoff Tate und anschließend eine widerliche mediale Schlammschlacht, die von Vorwürfen von beiden Seiten geprägt war. Der Patient scheint aber auf dem Weg der Besserung: Der neue Frontmann Todd La Torre wird vom überwiegenden Teil der Anhängerschaft akzeptiert und die neue, selbstbewusst mit dem bandeigenen Namen betitelte Studioscheiblette ist zwar nicht perfekt, aber eine eindeutige Qualitätssteigerung. Insgesamt gab es also eine gute Basis für ein ausführliches Gespräch, für das Todd aus dem sonnigen Florida überpünktlich ganze sieben Minuten vor dem eigentlichen Termin beim zuständigen The-Pit.de-Schreiberling durchklingelte.
The-Pit.de: Hey Todd, freut mich, dass du anrufst. Wie geht es dir so?
Todd: Oh danke, mir geht’s gut. Ich genieße gerade die Klimaanlage, denn es ist wirklich richtig heiß hier in Florida.
The-Pit.de: Sicherlich heißer als hier… Todd, bevor du bei Queensrÿche bzw. bei Crimson Glory eingestiegen bist, kannten dich nur wenige in der Metalwelt. Von daher erzähl doch mal ein bisschen davon, was du vorher gemacht hast. Ich hab gelesen, du spielst auch Schlagzeug.
Todd: Ja, ich spiele Schlagzeug, seit ich 13 Jahre alt bin, und war in mehreren lokalen Bands tätig. Ich hab eigentlich nie darüber nachgedacht, auch in einer Band zu singen, bis ich 2009 die Jungs von Crimson Glory getroffen hab. Bisher war es aber eine wunderbare Erfahrung; ich lerne auch immer noch dazu und versuche mich als Musiker zu verbessern.
The-Pit.de: Als ich zum ersten Mal deine Neuinterpretationen einiger Crimson-Glory-Klassiker gehört habe, war ich sehr beeindruckt – schließlich hatte Midnight (Ex-CG-Fronter, R.I.P.; Anm.d.Verf.) doch eine sehr spezielle Stimme. Leider bist du inzwischen bei der Gruppe schon wieder raus. War es tatsächlich deswegen, weil die anderen Mitglieder zu faul waren, was das Songwriting bzw. ein neues Album angeht?
Todd: Nun, der Grund, warum ich Crimson Glory verließ war, dass es innerhalb der Band irgendwie nicht richtig lief. Es ist eine Gruppe von wundervollen Menschen, aber es war eine echte Herausforderung, konsequent Songwriting-Sessions aufrechtzuerhalten – eine Woche wird zu zwei Wochen, zwei Wochen zu einem Monat usw. Und ehe man es richtig gemerkt hat, sind plötzlich mehrere Monate vergangen und es hat immer noch keine Writing-Session stattgefunden. Von Jon Drenning (CG-Gitarrist und -Hauptsongschreiber) habe ich tatsächlich seit einem Jahr nichts mehr gehört! Es kam dann zu einem Punkt, wo mich das Ganze offenbar mehr kümmerte als den Rest der Band. Ich denke schon, dass sie alle ein neues Album schreiben wollten, nur kam Jon einfach nicht richtig zu Pott und niemand hörte irgendwas von ihm. Jeder in dieser Band hat noch einen Job, was es noch schwerer macht, Zeit fürs Songwriting zu finden. Das verstehe ich ja alles, aber als wir nichts mehr von Jon hörten, wussten wir nicht recht, wie wir weiterverfahren sollten. Sollten wir ohne ihn schreiben oder doch lieber warten, weil sein Songwriting so wichtig für den Sound dieser Band ist? Um ehrlich zu sein: Ich hatte keine Lust mehr auf dieses Herumgeeiere und zu warten. Ich war verärgert und frustriert und es fühlte sich an, als würde das, was ich der Band zu bieten hatte, einfach für selbstverständlich hingenommen. Ich wollte ein professioneller Fulltime-Musiker sein und nicht nur einfach zwei Wochen im Jahr mal kurz durch Europa touren oder so und das war’s dann. Ich will das die ganze Zeit machen und davon leben. Mit dieser Band war das augenscheinlich jedoch nicht möglich – sie haben ja sowieso eine Geschichte, die von „Start-Stopp-Start-Stopp“ gekennzeichnet ist. Und irgendwann war es dann soweit, dass die Platte eigentlich schon seit einem Jahr fertig sein sollte; Fans und Promoter fragten ständig, was denn nun damit sei, und da weiterhin nichts passierte, wurde mir das schließlich zu blöd und die Angelegenheit schien auch immer weniger wichtig zu werden. Ich wollte mich sozusagen nicht mehr um eine Sache kümmern, um die sich auch sonst niemand kümmerte. Deswegen sagte ich schließlich: „Scheiß drauf!“
Aus dem Grund stieg ich aus, nicht etwa, weil ich inzwischen auch bei Queensrÿche war. Weißt du, als ich mich Queensrÿche anschloss, wollten einige der Mitglieder bei Crimson Glory erst nicht, dass ich dort einstieg. Sie meinten, ich hätte sagen sollen, dass dies zwar ein tolles Angebot, ich aber derzeit bei Crimson Glory eingespannt sei. Hätte ich so gehandelt, wäre dies ganz klar der größte Fehler meines Lebens gewesen – ich habe eindeutig die richtige Entscheidung getroffen! Wirklich, ich mag die Jungs von Crimson Glory sehr, aber auf professioneller Ebene war diese Entscheidung besser für mich.