Wenn das kein Anlass für ein Interview ist: Devon Graves, früher auch unter dem Namen Buddy Lackey bekannt, hat nicht nur eine neue Band namens The Shadow Theory, bei der unter anderem Szenegrößen wie Kristoffer Gildenlöw (ex-Pain Of Salvation) und Johanne James (Threshold), gegründet, es steht für das nächste Jahr außerdem eine Reunion seiner legendären ehemaligen Band Psychotic Waltz an. Nächstes Jahr sind die Kalifornier mit Symphony X und Nevermore zusammen auf Tour.
Der im österreichischen Wien ansässige Sänger und Multiinstrumentalist war äußerst gut aufgelegt und redete wie ein Wasserfall beinahe anderthalb Stunden ins Aufnahmegerät. Dabei kamen Details über das Debüt von The Shadow Theory, die Auflösung von Psychotic Waltz, deren Wiedervereinigung und einiges mehr zu Tage.
The-Pit.de: Hi Devon, wie geht’s? Wollen wir das Interview auf deutsch oder auf englisch machen?
Devon: Wie wäre es mit französisch oder italienisch? – Ne, lass uns das mal lieber auf englisch machen, I can’t speak much deutsch.
The-Pit.de: Na ja, war eher ein Scherz. Aber du lebst doch noch in Österreich, oder?
Devon: Ja.
The-Pit.de: Warum bist du da eigentlich hingezogen? Berge gibt’s ja auch in Amerika...
Devon: Ja, aber ich liebe Jodeln.
The-Pit.de: Haha, ach so. Na, belassen wir’s dabei... Als erstes würde ich gerne wissen, wie du zur Musik gekommen bist. Neben deiner Tätigkeit als Sänger spielst du ja mehrere Instrumente wie Flöte, Keyboard und Gitarre.
Devon: Nun, ich denke, ich bin quasi in die Musik hineingeboren... Meinen Vater habe ich als Kind nie kennengelernt, aber meine Mutter erzählte mir immer, dass er ein sehr guter Sänger gewesen sei und das muss sich mir eingebrannt haben, als ich vier oder fünf Jahre alt war. Ich wollte daher immer ein Sänger werden und habe als Kind vor dem Spiegel „performt“ und so getan, als wäre ein Publikum da – so was in der Art halt. Als ich elf war, fing ich an, Gitarre zu spielen und da ging es dann so richtig los. Als ich erst einmal angefangen hatte, machte ich nichts anderes mehr. Ich spielte in der Schule, ich spielte zu Hause, anstatt meine Hausaufgaben zu machen, und fing mit dem Singen an, als ich etwa 14 war – das heißt, ich versuchte zu singen. Ich versuchte es, gab auf, versuchte es, gab auf – und als ich 16 war, traf ich einen Bassisten und einen Schlagzeuger, die etwas älter als ich waren und einen Raum und eine PA hatten. Sie brauchten einen Sänger und so schloss ich mich ihnen an. Wir spielten Hendrix und Black Sabbath und solche Sachen. Na ja, und als 16-Jähriger glaubt man ja, nur den Mund aufmachen zu müssen und es klingt sofort nach Ronnie James DIO (lacht). Nein, also, ich war total festgefahren... Doch später, als ich etwas älter wurde, entwickelte ich mich weiter und wurde öfter gefragt, in Bands zu singen.
The-Pit.de: Ein großer Einfluss muss für dich ja auch Jethro Tull gewesen sein, du hast ja Ian Anderson sogar den Song „I Remember“ gewidmet. Ich hab die Band letztens auf dem Classic Rock Festival hier in Hamburg gesehen und muss sagen, die haben mich wirklich umgehauen. Wie der Typ spielt und wie er auf der Bühne abgeht...
Devon: Ja, er ist definitiv ein Mann für die Bühne und hat außerdem einen großartigen Sinn für Humor. Ich hab Tull selbst auch ein paarmal gesehen. Als erstes hatte ich das „Aqualung“-Album gehört, da war ich fünf Jahre alt. Es hatte mich irgendwie ein bisschen erschreckt, aber ich mochte es. Es war in der Plattensammlung meines Stiefvaters, obwohl ich gar nicht weiß, wieso, denn er war kein Rockmusiktyp, er spielte sehr gut Horn und Saxophon und war eigentlich ein Jazzspieler. Egal, jedenfalls schnappte ich mir das Album – wahrscheinlich hauptsächlich wegen des Coverartworks – und hörte es zusammen mit meiner Schwester an. Danach dachte ich jahrelang nicht mehr daran und entdeckte Tull erst mit 17 Jahren wieder für mich. Zu der Zeit waren Black Sabbath meine Band, damals mit Dio – darauf stand ich. Die ganzen Classic-Rock-Sachen nahm ich dann erstmals so richtig übers Fernsehen wahr, wo man Videos begutachten konnte, zum Beispiel Deep Purple mit „No No No“ und so weiter. Und da gab es einmal auch ein Schwarz-Weiß-Video von Jethro Tull, eine 1972er Liveversion von „No Lullaby“ und Ian Anderson spielte Querflöte – Mann, wurde ich davon weggeblasen! Von dem Moment an besorgte ich mir jede Jethro-Tull-Scheibe, die ich finden konnte, tauschte schließlich einen kaputten Gitarrenamp gegen eine Querflöte und lernte durch meine Tull-Platten das Spielen des Instruments. An meinem neunten Tag konnte ich „Cross-Eyed Mary“ spielen und nach drei Monaten mehr oder weniger so wie jetzt.