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Grave Digger im Interview (Mai 2017)

...Musik ist kein Sport...

The-Pit.de: Chris, wenn du Kreator schon ins Spiel bringst, schielt man da von Gladbeck auch mal ein bisschen neidisch Richtung Essen?

Chris: Ach was. Wir hatten ja schon Vorbands, die straight an uns vorbeigezogen sind, wie zum Beispiel Powerwolf oder Sabaton. Aber warum sollen wir als alte Hasen daherkommen und sagen: Boah, Sabaton spielen vor 7000 Leuten und wie nur vor 400? Hey, wenn du so denkst, dann brauchst du keine Musik machen, dann gehst da an diesem Neid und der Gier zugrunde. Dann bist du halt nur angepisst, warum du denn nicht den Erfolg hattest. Wir von unserer Position gucken runter und sagen, dass es andere Bands gibt, die vor 60 oder 70 Leuten spielen. Da sind wir doch mit unseren 400 plus absolut gebauchpinselt.

Axel: Wenn man als Beispiel Kreator nimmt, dann hat sich doch Mille den Erfolg verdient. Er ist jetzt seit so vielen Jahren dabei und hat sein Ding ganz konsequent durchgezogen. Ich gönne ihm das wirklich vom Herzen. Es ist doch auch schön, auch wenn es eine andere Stilrichtung als bei uns ist, dass überhaupt der Metal es schafft, auf Platz eins der Charts zu kommen. Das hättest du mal vor 30 Jahren oder so sagen sollen, dass eine Musikrichtung mit dieser Härte und dieser Nicht-Mainstreamart überhaupt so einen Erfolg haben kann. Von daher sehen wir das ganz entspannt. Ich glaube schon, dass wir uns für den Erfolg für Kollegen freuen. Sie sind ja auch keine „Bedrohung“ für uns, dass wenn sie mehr verkaufen, wir eben weniger absetzen. Ich finde dieses Konkurrenzdingen... Musik ist kein Sport und wie der Chris schon gesagt hat, sind wir in einer sehr guten Position, können von der Musik leben, was auch die wenigsten behaupten können, und deshalb, wenn immer zwischen 400 und 500 Leuten bei uns kommen, dann ist das doch super.

Chris: Ich sage dann auch immer: Auf der anderen Seite habe wir wenigstens noch Luft nach oben...

The-Pit.de: So, ein letztes Mal auf dem Alter herumreiten... Manowar machen ihre letzte Tour, Aerosmith verabschieden sich, Black Sabbath sind schon raus...

Axel: ... von wegen verabschieden. Tony relativiert ja schon wieder. Das ist doch ein Beschiss ohne Ende...

Chris: ... das kann ich auch wirklich nicht mehr hören. Farewell-Tour, letzte Tour...

Axel: ... so ein Scheiß. Wenn die Konten leer sind, dann geht es wieder von vorne los. Das ist immer der gleiche Mist.

Chris: Schau mal, die Scorpions sind jetzt seit fünf Jahren auf ihrer letzten Tour.

The-Pit.de: Macht man sich dann nicht auch Gedanken über das eigene Ende? Ich habe hier in der Zeche mit Chris von Rohr (Krokus zusammen gesessen, da war er eben wegen seiner Gesundheit auch sehr demütig ganz nach dem Motto, dass man ja nicht wisse, was morgen ist. Wie geht man mit der eigenen Konstitution um?

Chris: Wollen wir mal so sagen... ich habe jetzt im Alter einen neuen Reisepass geholt, der hat jetzt eine Gültigkeit von zehn Jahren, und wenn der abläuft, dann ist die Zeit für mich gekommen, wo ich die Karten für mich auf den Tisch lege und mich frage, ob ich es noch machen möchte oder nicht. Wenn es läuft, dann werden wir mal weitersehen, mein Ziel sind aber noch zehn Jahre. Mit 65... es muss ja auch noch immer authentisch rüberkommen und die Gesundheit muss halten. Wenn alles so bleibt wie jetzt, ist alles super, es kann sich aber in der heutigen Zeit auch alles relativ schnell ändern. Daher will ich überhaupt keine Prognose abgeben. Ich kann nur sagen, dass wenn ich mal die letzte Tour ausläute, dann ist das auch mit Sicherheit die letzte Tour und nicht wie bei den anderen Dinosauriern, die immer wieder einen nachlegen.

The-Pit.de: Selbst beim Abschied muss man also einfach Eier haben...

Axel: ...absolut...

Chris: Das ist genauso wie ich sage, dass ich nie mehr mit Uwe Lulis Grave Digger-Gitarrist von 1191 – 2000 und auch schon bei Digger 1986 dabei gewesen; Anm. d. Verf.) zusammen Musik machen werde, deswegen würde ich auch sagen, wenn ich die letzte Tour mache, dann mache ich auch wirklich die letzte Tour.

Axel: Ich persönlich, und das gebe ich ganz offen zu, bin super abgepisst über diese ständigen Verlängerungen dieser Last-Farewell-Tour. Für mich ist das nichts anderes als Kohlemacherei. Black Sabbath sind da das beste Beispiel, und ich muss es einmal aussprechen, machen ein Riesengedöns über "Wir hören jetzt auf“ und vier Tage nach dem letzten Konzert sagt Tony Iommi im nächsten Interview: „Ah, Moment, das habe ich ja gar nicht gesagt, es ging jetzt nur darum, dass es das letzte Konzert dieser Tour ist.“ Weißt du, das ist so ein Abrippen, und dass die Leute da noch immer hingehen und sich so für dumm verkaufen lassen, das ist für mich eine Unverschämtheit. Das ist auch unabhängig vom Metal, dass haben auch die Eagles schon gemacht und wie sie alle heißen. Ich finde das absolut scheiße. Wie Chris schon sagte: Okay, entweder wir machen Feierabend oder du sagst, dass wir es uns noch überlegen und wir es so lange versuchen wie möglich. Aber niemals den Leuten irgendwie scheiße erzählen, um sie alle nochmals hinzukriegen: „Na ja, das ist das letzte Mal, wie sehen sie ja nicht nochmals.“ Das ist nichts als billigster Kommerz. So etwas bringt mich wirklich auf die Palme, das ist ein Marketingaspekt, der in der Musik wirklich nichts verloren hat. Ich weiß, sie wollen alle ihr Geld machen, so viel wie möglich und das ist ja auch legitim, aber es ist eben eine riesige Verarsche.

Chris: Bands wie Black Sabbath oder Aeromith haben es wirklich nicht nötig, oder auch die Scorpions, darauf herum zu reiten, dass sie die letzte Tour spielen, Ich weiß nicht, ob sie da noch irgendwelche Existenzängste haben und das eben ausläuten, um nochmals richtig abzucashen, aber nötig haben sie es alle nicht mehr. Wenn man einmal an der Lunte gerochen hat...

Axel: Ich kann auch gut verstehen, dass wenn die Scorpions zuhause sitzen und nicht todkrank sind, sich fragen, was sie denn jetzt machen sollen. Das machst du zwei Monate und dann wird dir natürlich langweilig. Aber das weiß man vorher, ist ja nicht so, dass es einen überrascht.

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