Während der „Bizarro World“-Tour bekam The-Pit.de im Münchener Backstage die Möglichkeit, mit John, Gert und Sebastian von Deadlock ein bisschen zu plaudern. In einem kurzen Smalltalk vorab erzählte John, dass Sänger Johannes Prem aufgrund einer Entzündung der Stimmbänder seit dem Auftritt in Jena nicht mehr singen kann. Natürlich kam auch das neue Album zur Sprache.
The-Pit.de: Hallo, zuerst vielen Dank, dass ihr euch für uns Zeit genommen habt. Seit gestern steht euer neues Album in den Läden. Könnt ihr nochmals in euren eigenen Worten erklären, was der Grundgedanke von „Bizarro World“ ist?
John: Nimm Alltagsfakten wie sie sind, mediale Berichterstattung, soziales Miteinander und drehe es einfach um. Und dann sollte man in der Metaklausur hinterfragen, was denn die tatsächliche Realität ist. Egal, ob es sich um Wirtschaft, Politik oder Medizin dreht. Alles was uns als Schul- und Allgemeinwissen vorgesetzt wird sollte täglich hinterfragt werden, das ist der Hintergedanke von „Bizarro World“.
Sebastian: Unser Textwriter Joe hat versucht, all diese Themen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, um die Perversionen und Systeme, die dahinter stecken, zu beleuchten. All die Abläufe in diesen Bereichen sind so menschenfeindlich und gegen unsere Biologie. Wirtschaft, Politik, Medizin und monetäres Geldsystem, das sind alles Dinge, die eigentlich so bizarr sind! Wenn man sich das genauer anschaut, muss man sich eigentlich fragen, ob wir nicht bereits in einer Bizarro World leben. Und der rote Faden durch die Texte ist der, dass wir sagen „Hey wir stellen alles auf dem Kopf“. Doch während dieses Prozesses mussten wir erkennen, dass die Dinge oftmals schon kopfüber stehen. Alles Gute machen wir schlecht, und alles was erstrebenswert ist, machen wir belanglos.
The-Pit.de: Wie es Sebastian schon erläutert hat, sind wir schon auf dem besten Weg in die Bizarro World. Wie weit sind wir euerer Meinung noch davon entfernt?
John: Die Frage ist eigentlich, inwiefern sie schon allgegenwärtig ist. Ein aktuelles Beispiel ist, dass Mitte bis Ende 2010 alle Welt von einer Weltwirtschaftskrise oder einer Rezession spricht. Es werden Leute entlassen und zwei Monate später wird berichtet, dass die höchsten Umsätze im Weihnachtsgeschäft seit zehn Jahren gemacht wurden. Ein weiteres gutes Beispiel lässt sich am Leistungsfaktor unseres Landes, dem Bruttosozialprodukt, erklären. Man vergleicht die wirtschaftlichen Erträge der einzelnen Länder miteinander, um dann ein Ranking zu haben, welche Länder gut und welche schlecht situiert sind. Es gibt so viele Faktoren, die in das Bruttosozialprodukt mit einspielen, die aber mit Wohlstand gar nichts zu tun haben. So kommen wir zum Thema Medizin. Je mehr Leute krank geschrieben werden, je mehr Medizin verkauft wird oder je mehr Medikamente hergestellt werden (und das auch teilweise auf unethische Art und Weise), umso höher auch der wirtschaftliche Ertrag, ergo das Bruttosozialprodukt und der Wohlstand in Anführungsstrichen. Wie weit sind wir entfernt oder wie weit sind wir in der Bizarro World? Man kann das natürlich nicht generalisieren. Ich glaube, die Grundaussage des Albums sollte sein: „Überdenke deinen Alltag!“. Überdenke deine eigenen Tugenden, überdenke dein Weltbild. Oder ein anderes Beispiel: Ich muss nicht vier Wochen lang diskutieren, ob ein Verteidigungsminister seinen Doktortitel verdient hat oder nicht, wenn in Libyen Zivilisten mit Bomben massakriert werden. Das Bizarre daran ist, dass die massenmediale Darstellung zum Lapidaren hingeht. Die Leute werden im Endeffekt kollektiv mit Bagatellen beschäftigt. Wichtig sollte für jeden sein, immer wieder alles zu hinterfragen, nicht immer gleich alles glauben, was einem vorgesetzt wird. Man muss sich seinen Alltag anschauen und sich fragen, ob man sich damit identifizieren kann. Nicht alles fressen, sondern auch mal schauen, was man isst.
The-Pit.de: Wenn man über diese Aussagen nachdenkt, kommen ja doch die Gedanken zum kreisen. Wenn schlecht gut wäre, ist ja alles perfekt, wenn gut allerdings wiederum schlecht wäre, ist es alles andere.
John: Das ist immer eine individuelle Wahrnehmung. Niemand kann sich hinstellen und sagen, das ist jetzt gut oder schlecht. Das ist sehr individuell. Die Frage, die man sich eher stellen sollte ist: „Ist das, was ich tue oder so, wie ich lebe, gut oder schlecht für mich und für andere?“.
The-Pit.de: Aber eigentlich kann man sich ja glücklich schätzen und zufrieden sein, mit dem, was man hat. Ist das auch eine Aussage des neuen Albums?
John: Vielleicht nicht der Grundgedanke in der Entstehungsgeschichte, aber vielleicht eine erweiterte Erkenntnis daraus. Wenn man ein gesundes Ich-Bewusstsein hat und sich selbst richtig einschätzt und wahrnimmt und man jeden Morgen, den man aufstehen kann, laufen kann, reden kann, nachdenken kann und Sachen hinterfragen kann, bewusst lebt, dann kann man sich glücklich schätzen. Da gibt es verschiedenste Faktoren, die das beeinträchtigen können und vielleicht ist es auch so, dass man viel zu sehr oder besser gesagt viel zu wenig die alltäglichen oder die essentiellen Dinge schätzt.
The-Pit.de: Wie kam die Idee zu „Bizarro World“
Sebastian: Das ist ja so eine Comic-Reihe aus den 60ern. Da geht es um Planeten, auf denen alles umgedreht ist - alles Gute schlecht usw. Wir haben die Idee, also den roten Faden, dann aufgenommen. Wir sind eher zufällig darauf gekommen. Wir haben den Titel gehört und ich glaube, Joe und ich haben uns mal angeschaut, was da dahintersteht. Wir fanden die Idee sehr spannend. Das war dann eher ein Prozess und daraus wurde dann „Bizarro World“. Und der Titel passt!
The-Pit.de: Heute Abend spielt ihr eure dritte Show auf eurer Release-Tour. Wie waren bisher die Resonanzen in Köln und in Jena?
Gert: Von unserer Seite aus denke ich schon, dass die Resonanz sehr gut war. In Köln war es die erste Show. Es war weniger Besuch da als in Jena, aber Köln war eigentlich sehr gut. In Jena war das Problem, dass nach dem Soundcheck unser Sänger seine Stimme verloren hat. Wir hatten uns Gedanken gemacht ob wir jetzt alles abbrechen oder weitermachen. Da John uns schon einmal am Mikro ausgeholfen hat, haben wir gesagt „Komm, wir ziehen das durch! Wir setzen John hinters Mikro und der macht das halt.“ Es war zwar etwas ungewöhnlich, aber besser so, als nicht zu spielen. Die Leute haben natürlich gemerkt, dass wir einen anderen Sänger da haben und kein Bassist dastand, aber es war auch eine gute Show. Ich denke, das waren zwei gute Konzerte und heute wird auch sehr gut werden.
John: Ich bin auch optimistisch! Aber wie Gert gesagt hat, machen wir es nicht quantitativ von der Anzahl der Leute fest. Da sind wir sehr zufrieden für unsere erste Headlinertour. Qualitativ gesehen, hatten die Leute ihren Spaß, wir hatten unseren Spaß und bis auf die kleinen Abstriche, die man vom künstlerischen Anspruch her doch hat, wenn man sich mal verspielt oder versingt, gibt es nichts auszusetzen. Das ist dann doch eher schon eine individuelle Geschichte.
Gert: Außerdem spielen wir ja live, da kann man sich schon mal verspielen.