Auf der letzten Tour musste Paul DiAnno noch reichlich Kritik einstecken, dazu aber mehr im Bericht, der hier verlinkt ist. Gerade die gesangliche Leistung war unterirdisch, dazu kommt auch noch die körperliche Verfassung. Allesamt sind sie heute im Gernhart Studio vertreten und nehmen sich natürlich Zeit für die vor Ort vertretenen Pressefritzen.
The-Pit.de: Hi Christoph, erst einmal vielen lieben Dank für die Einladung. Ich habe bei der Paul DiAnno-Show kurz vor den Weihnachtstagen reichlich Kritik üben müssen, gerade was den Gesang von Paul betrifft. Dieses Mal bin ich positiv überrascht. Wie viele Takes habt ihr gebraucht?
Christoph: Paul hat komplette vier Tage gebraucht, um das ganze Album einzusingen. Er ist Sonntag eingeflogen, als Drums, Gitarre und Bass standen und hat von Montagmorgen bis Donnerstag seine Vocalspuren gelegt.
The-Pit.de: Paul war ja schon immer eher der Punker unter den Metallern; auf der „League Of Shadows“ singt er ja richtig gut und nutzt teilweise auch andere Gesangslinien, als man von ihm gewohnt ist. Die Songs sind je sehr Power-Metal-lastig. Woher kommt die Entwicklung?
Christoph: Wir haben die Songs im Endeffekt so entwickelt, wie wir es für richtig geil erachtet haben. Ich denke, dass man merkt, dass auch Paul wie wir darauf gebrannt hat, ein neues Album zu machen. Er hat sich sehr gut darauf vorbereitet, sich viel Zeit dafür genommen und an den Texten gearbeitet. Wir haben lange Ideen hin- und hergeschickt, wir haben die Vorproduktion gemacht und wenn wir unterwegs auf Tour waren, haben wir auch einiges ausprobiert. Ich denke, man merkt, dass sich Paul genau wie wir sehr gut vorbereitet hat, darauf gebrannt hat, etwas Kreatives zu machen. Auf Tour haben wir Ideen ausgetauscht, Demos von Gesangslinien aufgenommen, damit wir wieder wussten, woran er denn gerade arbeitet, haben ihm den Stand unserer Songs geschickt, vor allem aber haben wir auf Tour sehr viel miteinander geredet, weil das letztendlich immer besser ist, als das nur online oder per Telefon schlussendlich abzusprechen. Da haben wir alle sehr lang sehr hart gearbeitet. Ich finde, man hört auch raus, dass wir eine Menge Bock darauf hatten. Dass das Album sehr variabel geworden ist, lag auch an dem Willen zu zeigen, dass er es noch kann, noch schreiben, noch singen. Ist ja sein erstes Album seit zehn, fünfzehn Jahren.
The-Pit.de: Jetzt muss ich aber schon kritisch anmerken, dass es im Studio anders ist als auf der Livebühne. Ich befürchte, dass auch aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes alles sehr schnell eine kritische Grenze überschreiten wird. Wie reagiert ihr darauf? Im Grunde hatte er mehr als die Hälfte der Show gesessen, wenn das beim Rock Hard Festival passiert, dann…
Christoph: …wäre das nicht sehr vorteilhaft, um den Satz zu beenden. Wir haben den Studiotermin auch bewusst so gewählt, dass vorher keine Shows waren. Wir hatten schon bei den Demoaufnahmen vorher sechs bis acht Wochen Pause. Das heißt dann, er hatte keine Show und war wirklich zu Hause und gönnte sich Ruhe. Die letzten Shows waren im Dezember 2014 kurz vor Weihnachten, kurz danach war dann bis zum 15. Februar, bis er hierher gekommen ist, keine einzige Show; er hatte also locker sechs, sieben, acht Wochen Ruhe. Das merkt man natürlich. Ich hoffe, dass die Tourblöcke so gestaltet werden können, dass auch immer wieder Freiraum ist, wo er sich erholen kann. Ich glaube, dass dieses seit zehn Jahren ununterbrochen auf Tour zu sein für den kompletten Körper anstrengend ist und auch die Stimme darunter leidet. Vielleicht kriegen wir die Blöcke so hin, dass genügend Erholungspausen vorhanden sind, um die Stimme zu schonen, damit er sein Ergebnis auch live abrufen kann.
The-Pit.de: Seit Jahren heißt es, dass er am Knie operiert werden muss. Wenn man ihn auch heute hier herumhumpeln sieht, dann scheint das mehr als dringend notwendig. Kannst du was zum aktuellen Stand sagen?
Christoph: Die letzte Planung ist, dass er jetzt im April und Mai auf die Metal-All-Stars-Tour geht und quer durch Europa relativ viele Shows spielt, dann kommt das Rock Hard Festival und dann ist sein Plan, im Juni eine Operation zu bekommen. Klar ist ihm auch, dass der körperliche Zustand ihn nicht näher zur Bühne bringt. Es kostet auch viel Kraft, auf Tour zu sein; unter Schmerzen zu touren ist natürlich kein Zustand. Was lange geschoben wurde, um auf Tour zu sein, da ist es halt irgendwann soweit, den finalen Gig einzuschlagen und sich endlich operieren zu lassen.
The-Pit.de: Als Fan leidet man ja auch mit, wie eine „lebende Legende“ immer mehr vor die Hunde geht…
Christoph: …und wenn jemand dafür lebt zu touren und auch davon lebt, man aber nicht mehr kann, weil die Knochen weh tun, dann ist natürlich der Punkt gekommen, wo man handeln muss. Wie gesagt, der letzte Plan, den wir besprochen hatten ist, dass er direkt nach dem Rock Hard Festival die Operation bekommen muss. Mal schauen, wie wir durch das Rock Hard Festival kommen und ich hoffe, dass wir nach der OP wieder neu starten können.
The-Pit.de: „League Of Shadows“ ist nach dem ersten Hördurchlauf ein sehr abwechslungsreiches Album geworden. Viele Midtempo-Parts, aber auch einige Double-Bass-Kracher, live bekannt war ja schon „Angel Of Death“, was da noch „Kissed By The Wings Of An Angel Of Death“ hieß…
Christoph: …der Titel war einfach zu lang…
Martin: (von Perzonal War klinkt sich ein)…die Antwort ist einfach nur Schalke…
Christoph: …auf der Demo hieß er auch noch so, auch auf der Vorproduktion, die wir an Labels verschickt haben. Wir haben es einfach ein bisschen runtergekürzt, weil es ein bisschen griffiger ist. Der Titel wurde auch oft falsch zitiert, sehr unterschiedlich geschrieben, deswegen vereinfachten wir ihn dann.
The-Pit.de: „Switched Off (Released)“ erinnert stark an „Remember Tomorrow“…
Christoph: …„Remember Ashes“ war der Arbeitstitel…
The-Pit.de: …dann geht das dann als Maiden-Tribute durch, oder?
Christoph: Wir wollten neben den schnellen Sachen auch ein bisschen Ruhe, etwas Balladeskes reinbringen. Die Stimme ist einfach immer noch da, um auch bei ruhigen Sachen Emotionen zu transportieren, und da war es uns wichtig, auch eine ruhige Nummer dabei zu haben, ohne in einen so klischeehaften Balladenstil zu gehen. Deswegen auch die wirkliche knalligen Passagen zwischendurch. Es war uns wichtig, neben der ruhigen Coverversion auch eine eigene ruhige Nummer einzubringen.
The-Pit.de: Im Track, der euren Bandnamen transportiert, habt ihr reichlich orientalische Einflüsse verbaut. Wenn ich mir die Titel so anschaue, dann hätte ich das eher bei „Obsidian Black“ erwartet. Perzonal War hatten vorhin auch schon ein paar orientalische Einflüsse drin. Wollt ihr einen neuen Trend setzen?
Christoph: Selbst Rainbow hatten schon orientalische Sachen drin. Es bietet sich einfach an, dass mit Rock oder Metal zu kombinieren. Die Musik stand, wir haben den kompletten Track an Paul weitergegeben und er kam dann an, fand ihn sehr gut und wollte ihn gleich als Track für den Bandnamen festmachen.
Nun ja, die anderen wollen auch noch, die Zeit ist begrenzt, aber ein paar wichtige Themen konnten wir dann doch anschneiden. Toller Tag im Gernhart Studio, anstrengend, aber trotzdem gut.